„Das Mädchen“ aus dem gleichnamigen Roman von Angelika Klüssendorf, der 2011 erschien, ist erwachsen geworden. Im Roman „April“ erzählt die nun 55-jährige Autorin, die in der DDR aufgewachsen ist, die Fortsetzung der Geschichte dieses Mädchens, das in kargen, zerrütteten Verhältnissen in der DDR aufwuchs. Schon „Das Mädchen“ stand 2011 auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis; mit April ist das Angelika Klüssendorf jetzt wieder geglückt.
April hat nun ein bisschen Glück im Leben. Das ehemalige Klau- und Heimkind kommt in eine Pflegefamilie, lernt endlich bessere Menschen als die zerrütteten Drogen- und Alkohol-Typen ihrer Jugend kennen. Und mit Hans als Ehemann scheint sie scheinbar im Glück zu sein und wird schwanger.
Der Traum vom Westen
Baby Julius gibt der jungen Frau Halt und auch die Kraft, sich der Vergangenheit zu stellen. Sie besucht Vater und Mutter, aber beide bleiben Fremde. Schließlich erfüllt sie sich mit einer neuen Liebe den Traum vom goldenen Westen, beantragt die Ausreise, und siedelt nach West-Berlin über.
Auf nur 224 Seiten erzählt Angelika Klüsendorf die Geschichte des Mädchens fast atemlos, in knappen Sätzen, die so karg sind wie das Leben des Mädchens, das immer wieder knapp davor ist, aus der Welt zu fallen.
Orientierungslos
Wie ein Mosaik setzt sich die Biografie von April zu einem Roman zusammen. Und zwischendurch bezaubert Klüssendorf mit fantasievollen Sätzen, die diese Nominierung für den Deutschen Buchpreis rechtfertigen.
Die Orientierungslosigkeit des Mädchens, das immer wieder schwankt, an neuen Herausforderungen zu zerbrechen oder sie zu meistern, wird in Klüssendorfs Sprache und Romanaufbau sehr schön deutlich.
Und beide Romane zusammen, die nach einer Fortsetzung geradezu schreien, hätten als Diptychon zur deutsch-deutschen Geschichte auch den Buchpreis am 6. Oktober verdient.
Angelika Klüssendorf: April.
Kiepenheuer & Witsch, Februar 2014.
224 Seiten, Gebundene Ausgabe, 18,99 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Julia Gaß.