Derek B. Miller: Ein seltsamer Ort zum Sterben

ortMit 82 Jahren wagt der Jude Sheldon Horowitz noch einmal einen Umzug von den USA nach Oslo, um bei seiner Enkelin und deren Mann zu leben, denn die junge Frau bekommt ein Baby und er freut sich auf das Urenkelchen. Doch in Norwegen fühlt er sich nicht wohl und wehrt sich vor allem gegen das Schubladendenken seiner Angehörigen, die ihn für dement halten. Dement! Dass er nicht lacht! Die werden schon sehen … als eine Frau und ihr kleiner Junge unerwartet in der Wohnung landen, handelt Sheldon aus einer Kurzschlussreaktion heraus und taucht mit dem Kind unter. Wenig später ist die Frau tot und Sheldon mit dem Jungen verschwunden.

„Ein seltsamer Ort zum Sterben“ ist bemerkenswert gut erzählt. Stilistisch absolut hochwertig führt der Autor durch seine Geschichte von dem alten Mann, der seine Wurzeln verloren hat und doch in traumatischen Erlebnissen der Vergangenheit gefangen ist, wobei meist unklar ist, was wirklich passiert ist und was nur seiner Einbildung entspringt. Dieses Thema greift Derek B. Miller sensibel auf und fügt es in eine Geschichte ein, die zwar nicht superspannend ist, aber doch lesenswert. Es sind die leisen Zwischentöne dieses Romans, auf die es ankommt. Es ist beispielsweise gar nicht so wichtig, ob etwas wirklich passiert ist oder nicht. Es kommt darauf an, was er mit Sheldon macht. Und dabei bleibt selbst der Humor nicht auf der Strecke, denn zu Schmunzeln gibt es immer wieder, wenn der Alte mit dem stummen Jungen durch Norwegen zieht, leicht orientierungslos, aber dennoch irgendwie zielstrebig hinarbeitend auf etwas, das nur er wahrnehmen kann.

Angenehme, selten mal etwas langatmige Lektüre, die sich allemal empfiehlt für all jene Fans von tiefgründigen, gut geschriebenen Romanen über Schicksale.

Derek B. Miller: Ein seltsamer Ort zum Sterben.
rororo, Mai 2014.
400 Seiten, Taschenbuch, 9,99 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Janine Gimbel.

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