Nach seinem Studium kauft Alex Capus im Piemont ein kleines Haus auf einem Sonnenhang. Es lieg in einem Seitental eines Seitentales. Erreichbar ist es nur, indem man ein Bachbett durchquert und dann mit Karacho steil bergauf fährt, damit man es bis auf den Vorplatz schafft. Capus bleibt mit seiner Freundin mehrere Jahre den ganzen Sommer über dort, um an seinem ersten Roman zu arbeiten. Im Herbst kehrt sie zum Studium nach Bern zurück und er genießt noch ein Weilchen die Möglichkeit, ungestört an seinem Text zu feilen. Man schreibt die 1990-er Jahre, das Leben ist billig und unbeschwert.
Freunde kommen zu Besuch und langsam knüpft der Autor auch Kontakte im Dorf, vor allem aber in einem nahegelegenen Städtchen. Dort gibt es die Bar „Pierluigi“, in der er bald Stammgast wird, wie zahlreiche andere, liebenswerte Gestalten auch. Alex Capus lässt uns Anteil haben an den Geschichten seiner Freunde und führt uns selbige plastisch vor Augen.
Vor allem aber geht es in diesem Buch auch um das Schreiben. Wie finde ich eine zu mir passende Geschichte, die ich zu Papier bringen möchte? Geht man mit blanker Vernunft an die Schreiberei heran oder doch lieber grüblerisch? Woher kommt überhaupt der „Stoff“? „So bedient sich jeder, der eine Geschichte schreibt, aus dem Fundus seiner Seele, den er angehäuft hat mit Dingen, die er erlebt oder gesehen, gehört oder gelesen oder sonstwie erfahren hat. Es kann nicht anders sein. Man holt sich seine Mosaiksteinchen immer aus dem Steinbruch der Vergangenheit, niemand schöpft beim Erzählen aus der leeren Luft; …“ (S. 42) Oder an anderer Stelle schreibt Capus: „Wenn einer eine Geschichte erzählt, ist Plausibilität das Wichtigste. In der Realität mögen die abstrusesten Dinge geschehen, in der Fiktion hat Unglaubwürdigkeit kein Platz.“ (S. 43)
In seiner unverkennbar klaren Sprache berichtet Capus von den meistens heiteren Ereignissen in seinem kleinen Haus am Sonnenhang und in dessen Umfeld. Er schildert, wie italienisch-katholisches Konfliktmanagement funktioniert, wie man einem Siebenschläfer auf seinem Dachboden beikommt, der die Stromleitungen lahmlegt und wie man ein gutes Buch verfasst.
Fazit: Ein überaus nettes Buch, in dem es zwar nicht viel „Handlung“ gibt, dafür aber viel Herzenswärme. Eindeutige Leseempfehlung!
Alex Capus: Das kleine Haus am Sonnenhang.
Hanser, Januar 2024.
159 Seiten, Hardcover, 22,70 €
Diese Rezension wurde verfasst von Karina Luger.