Alles fing damit an, dass eine Hexe mir das Herz aus dem Leib riss. Ja, so richtig – raus damit und ab in ein Glas. Das Gute an der Aktion, wenn man denn dem Verlust des eigenen Herzes etwas Gutes abgewinnen kann war, dass ich nicht länger alterte und mich von selbst schweren Verletzung in null komme nichts erholte. Das Schlechte, ja der Pferdefuss kommt unweigerlich immer hinterher ist, dass ich dem Eigentümer meines Herzens folgen muss – buchstäblich alles tun muss, was dieser mir befielt – und alles aus der Zeit, bevor ich mein Herz verlor vergass. Wer ich war, meine Familie, meine Träume, alles perdu.
Ich würde alles tun, um mein Herz, meine Erinnerungen und mein Leben wieder zu bekommen – auch Lucien, immerhin Prinz und die Liebe meines Lebens zu verraten – immerhin lobt seine Schwester mir den ultimativen Preis aus – Herz gegen Gefolgschaft, respektive Verrat.
Dass die guteste Varia den ewigen Krieg zwischen Menschen und Hexen beenden will ist natürlich toll. Dass sie, um dieses Ziel zu erreichen, ein uraltes Übel auf die Welt loslässt ist so gar nicht wunderprächtig. Und so ganz mies, so wie in Hilfe, nur weg ist, dass sie sich überschätzt hat, eben jenes Übel zu beherrschen – die zerstörte Hauptstadt des Reiches legt beredt Zeugnis davon ab. Jetzt sitzen wir so richtig in der Patsche und raten sie einmal, wen das Schicksal auserwählt hat, den Untergang zu verhindern? Na, dreimal dürfen Sie raten …
Vor zwei Jahren startete der Ravensburger Verlag mit Sara Wolfs HEARTLESS eine Trilogie, die mich überraschte. Positiv überraschte, da die Autorin wunderbar flüssig und spannend zu fabulieren wusste. Gerne folgte ich der Zera in ihre Abenteuer, die ein wenig anders, als gewohnt angelegt waren. Schon bei Durchsicht des Impressums des vorliegenden Abschlussbandes stieß ich auf den Hinweis, dass vorliegender Roman eine „leicht veränderte Originalausgabe“ darstellen würde. Leicht verändert, das heisst wohl, dass Lektorat oder Übersetzer in den Text eingriffen und diesen umschrieben, oder?
Kaum voller Erwartungen mit der Lektüre begonnen, ahnte ich,warum der Verlag zu dieser doch recht einschneidenden Massnahme gegriffen hat. Nach den ersten achtzig Seiten rieb ich mir voller Entsetzen die Augen. Kein roter Faden, kein Handlungsbogen, kein Beginn eines wie auch immer strukturierten Plots war zu erkennen, statt dessen verwirrende Kapitel ohne rechten Sinn oder Zusammenhang. Das konnte doch nicht sein! Eigentlich hatte ich es mir zur ständigen Übung gemacht, ein Buch nach 50 Seiten aus der Hand zu legen, wenn es mich nicht fasziniert. Ich las dennoch weiter, wollte wissen, ob und wie die Autorin vielleicht doch noch die Kurve kriegen würde.
Nun, es wurde ein wenig besser – wobei die lesbaren Absätze in aller Regel dem emotionalen Bereich der beiden Liebenden zuzuordnen waren. Große Gefühle, viel Dramatik, das beherrscht Sara Wolf ganz gut. Auch das – zu erwartende – Finale bot sich recht gefällig an, nur änderten diese Ausreisser nach oben wenig am Gesamteindruck. Letztendlich blieb der Roman eine herbe Enttäuschung, gerade weil die ersten beiden Bände so zu überzeugen wussten. Die Autorin verliert sich in ihren chaotischen Plot, experimentiert mit Träumen und Visionen, die letztlich handlungstechnisch zu lange in der Luft hingen und verliert dabei den Handlungsfaden aus dem Blick. Einfach nur Schade.
Sara Wolf: Heartless 03: Die Seele der Magie.
Aus dem Englischen übersetzt von Simone Wiemken.
Ravensburger Buchverlag, Juni 2021.
544 Seiten, Gebundene Ausgabe, 19,99 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.