Hope’s End ist der Name eines Landsitzes an der Küste, der ganz langsam verschwindet, weil die Küste bröckelt. Im Jahre 1929 war hier noch richtig Leben, zwei kleine Mädchen tollten durch den Garten, Feste wurden gegeben – bis zu jener Nacht. Lenora Hope ist 17 und ihre Familie ist tot. Vater und Mutter erstochen, die Schwester hängt vom Kronleuchter – und sie wird als Täterin angeklagt.
50 Jahre später ist Lenora nach einem Schlaganfall ein Pflegefall und niemand will als Pfleger in dieses immer noch als Horrorhaus bekannte Anwesen ziehen. Kit hat nicht wirklich eine Wahl, denn sie hat während einer Pflege einen unverzeihlichen Fehler begangen und ist froh, dass ihr überhaupt noch eine Stelle angeboten wird. Also lässt sie sich darauf ein im Herrenhaus einzuziehen.
Ihr wird gesagt, Lenora könne nicht reden, aber das stimmt nicht. Sie kann sich verständlich machen, mit Hilfe einer Schreibmaschine. Und sie erzählt Kit nach und nach ihre Geschichte. Das bringt Kit in ernste Gefahr, wie sie nach und nach begreift. Und sehr schnell ist sie sich nicht mehr sicher, ob ihre Vorgängerin den Job wirklich nicht mehr ausgehalten hat und einfach verschwunden ist. Denn auch ihr muss Lenora ihre Geschichte erzählt haben. Kit verdächtigt nacheinander ziemlich viele Personen für die wenigen Protagonisten, bis sie am Ende hinter die bittere Wahrheit kommt.
Riley Sager siedelt seine Romane meist im letzten Jahrhundert an, das macht einen Teil des Reizes aus. So alte Frauen wie ich erinnern sich dann wieder daran, wie die Dinge in ihrer Jugend liefen. Meistens ist es aber auch so, dass die Romane in der heutigen Zeit so nicht funktionieren würden. Einmal gegoogelt, einmal ein Handy zur Hand und schon wär der Plot zerschossen. Das sollte man wissen, bevor man sich darauf einlässt, sonst ist man vielleicht enttäuscht und denkt dauernd: Wieso nimmt sie nicht einfach das blöde Handy?
Lässt man sich aber auf die Erzählung ein, wird man mit einem spannenden Roman belohnt. Die Geschichte um zwei Schwestern mit Geheimnis scheint mir nicht ganz neu zu sein, aber hier ist sie wirklich gut erzählt. Jeder ist irgendwie in das Geheimnis um die Morde involviert und auf den Täter bin ich erst ganz spät gekommen (was bei mir nicht viel heißt). Als es sich aber gemeinsam mit dem Haus in seine Bestandteile auflöste, war plötzlich alles ganz logisch und zwei traurige Familiengeschichten kamen endlich in die Phase der Verarbeitung.
Aufgebaut ist der Roman in zwei Zeitebenen. 1929 – hier erzählt Lenora via Schreibmaschine, wie sie die Nacht und die Tage davor erlebt hat und die 70er Jahre aus der Sicht von Kit. In beiden Ebenen wird der Spannungsbogen aufgebaut und über den ganzen Roman gehalten.
Fazit: Ein typischer Sager, spannend und im letzten Jahrhundert angesiedelt.
Riley Sager: Hope’s End: Du kannst niemandem trauen
Aus dem englischen übersetzt von Christine Blum
Dtv, Oktober 2023
480 Seiten, Taschenbuch , 13 Euro
Diese Rezension wurde verfasst von Regina Lindemann.