Ein Thriller zum Dranbleiben! Schon auf den ersten Seiten wird’s spannend und man ist neugierig auf die beiden Protagonistinnen Julia und Nicki, die beste Freundinnen sind, seit sie zusammen in einer Studenten-WG gewohnt haben. In der letzten Zeit hat ihre Freundschaft allerdings ein bisschen gelitten. Julia ist seit Kurzem mit Lars zusammen und lässt sich von ihm ziemlich vereinnahmen. Für Nicki hat sie kaum einen Gedanken übrig gehabt.
Doch jetzt steht Nicki vor der Tür, ganz überraschend, und will mit Julia einen etwas anderen Junggesellinnen-Abschied feiern. Die Leidenschaft für’s Wandern hat sie immer verbunden, und daran will Nicki jetzt ein weiteres Mal anknüpfen. Schon morgen geht der Flieger nach Schweden, es ist alles arrangiert. Die Tickets sind gekauft, ein neues Zwei-Mann-Zelt ebenfalls, die Pension für die erste Nacht ist gebucht. Eine Ausrede lässt Nicki nicht gelten, auch wenn Julia eigentlich im Moment überhaupt keine Zeit hat, eine Woche in der schwedischen Wildnis zu wandern.
In zwei Wochen soll die Hochzeit sein! Doch Nicki bleibt stur und schon sitzen die beiden im Flugzeug. Die erste Hürde, Julias urplötzlich verschwundenen Pass zu ersetzen, haben sie erfolgreich gemeistert, was soll also noch schiefgehen? Selbst das Unwetter, das sie in Schweden empfängt und durchaus andauern soll, kann Nickis Zuversicht auf eine schöne Wanderung nicht trüben. Ein bisschen Regen, meint sie, – da haben sie schon Schlimmeres erlebt! Doch es soll schlimmer kommen. Wenn Julia zunächst etwas irritiert ist, weil Nicki so anders ist, betrübt und manchmal mit den Gedanken woanders, soll das nicht alles sein, was ihr Sorgen macht. Eines Morgens wacht sie auf, und Nicki ist verschwunden. Bis auf ihr Notizbuch und ihren Rucksack ist nichts mehr von ihr da. Vielleicht ist sie nur frisches Wasser holen? Doch Nicki ist weg. Julia macht sich auf, sie zu suchen und verirrt sich ziemlich im Wald. Den ausgeschilderten Wanderweg haben sie sehr bald verlassen.
Nicki war es immer, auf die sie sich verlassen hat, wenn es um Orientierung ging. Nach und nach wird Julia panisch, nach einem Schlangenbiss muss sie sich in einer verfallenen Hütte erholen, sie meint immer wieder Nicki zu sehen oder zu hören – doch Nicki bleibt verschwunden. Julia bleibt eigentlich nur, den Weg zurück auf den Kungsleden-Wanderweg zu finden und zurück zur Pension zu kommen, um Hilfe zu organisieren.
Erzählt wird im Jetzt und in Rückblicken, die man zunächst für Julias Erinnerungen an ihre erste Zeit mit Lars hält. Doch weit gefehlt. Für die weitere Handlung sind diese Rückblicke wichtig, erhöhen sie die Spannung doch enorm. Durch sie bekommen wir als Leser einen neuen, intensiveren Blick auf die beiden jungen Frauen, die da in der Wildnis verzweifeln. Von Anfang an wird man in die Handlung gezogen und kann sich bis zum einigermaßen überraschenden Ende dem auch nicht entziehen. Auch wenn man irgendwann, so nach zwei Dritteln des Buches, ahnt, was Sache ist und welche Bedeutung diese Notizen haben, die Spannung bleibt bis zum Ende erhalten. Spannender Plot, überraschende Wendungen, gute Charaktere – von Julia über Nicki bis hin zu Lars, der eine nicht unbedeutende Rolle spielt.
Rebecca Russ: Der Weg
Rütten & Loening, Juni 2025
306 Seiten, Paperback, 16,00 Euro
Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Ertz.