Marie Lacrosse: Montmartre: Licht und Schatten

Wer ein bisschen mehr über das Leben und Künstlerleben während der sogenannten Belle Epoque in Paris erfahren möchte, der wird hier fündig. Auch wenn es „Belle Epoque“ heißt, diese Zeit war keineswegs für alle unbeschwert und sorgenfrei. Marie Lacrosse schildert das Leben im Pariser Viertel Montmartre in dieser Zeit sehr plastisch und durchaus bunt anhand des Schicksals zweier junger Frauen, die beide zufällig am gleichen Tag hier geboren werden. Elise als Tochter einer Wäscherin, die mit dem kargen Lohn für ihre tägliche harte Arbeit sich und ihre beiden Töchter kaum durchbringen kann, würde ihre Freundin Marianne, die Hebamme, die die beiden Kinder zufällig beide auf die Welt gebracht hat, sie nicht unterstützen. Marianne wird auch sowas wie das Bindeglied, da sie für jedes der beiden jungen Mädchen immer eine Vertraute bleibt. Elise wächst in Armut auf den Hügeln des Montmartre auf und erlebt von Kind an, was es heißt, sich seinen Lebensunterhalt hart zu erarbeiten.

Valérie hingegen ist als Tochter eines renommierten Kunsthändlers umgeben von Wohlstand und Reichtum, Armut kennt sie nicht. Doch auch sie muss für ihre Träume kämpfen und erkennen, dass Geld alleine nicht glücklich macht. Während Elise davon träumt, eines Tages eine berühmte Tänzerin in einem der Varietés auf dem Montmartre zu werden, ist es Valéries größter Wunsch, als Malerin bekannt und berühmt zu werden. Doch als Frau hat sie kaum Aussicht auf eine entsprechende fundierte Ausbildung, da die anerkannten Kunstschulen damals Frauen zum Studium kaum zulassen. Einzig den Verbindungen ihres Vaters ist es zu verdanken, dass sie an der Akademie Cormon angenommen wird, allerdings unter bestimmten Bedingungen, die ihr das Leben durchaus schwer machen. Doch hier lernt sie unter anderem Henri Toulouse-Lautrec kennen, der ihr zum engen Freund und Unterstützer wird. Beide Frauen setzen alles daran, ihre Träume zu verwirklichen, beruflich wie auch in der Liebe. Entbehrungen, Widerstände, harte Arbeit und andere ungeahnte Herausforderungen werden zu ihrem Alltag.

Wenn auch Elise und Valérie fiktive Figuren sind, um die die Autorin ihre Geschichte spinnt, so sind doch viele der erwähnten oder handelnden Personen im Roman, etwa Toulouse-Lautrec, Edgar Degas, Auguste Renoir, Paul Gauguin etc., Louise Weber, die als „la goulue“ berühmt gewordene Tänzerin wie auch andere, reale Personen, deren Leben in dieser Epoche wahrheitsgetreu dargestellt wird. Beispielhaft für die Lebensumstände ist auch das Schicksal von Elises Schwester Simone, die sich als Prostituierte verdingen musste und einige Zeit im berüchtigten „Krankenhaus“ St. Lazare, das auch eine Art Gefängnis für Prostituierte gewesen ist, verbringen musste.

Das Leben der unterschiedlichen sozialen Schichten in diesem Pariser Viertel wird hier sehr anschaulich und eindrücklich dargestellt, gestützt auf historische Quellen und Fakten. Flüssig geschrieben, angenehm und interessant zu lesen. Gut dargestellte Charaktere,  im Anhang nochmals aufgeführt und mit biografischen Daten versehen, ebenso die Liste der erwähnten Kunstrichtungen und Kunstwerke, was durchaus hilfreich ist bei der Fülle der Namen und Begriffe, mit denen man während des Lesens konfrontiert wird.

Marie Lacrosse: Montmartre – Licht und Schatten
Goldmann, April 2025
624 Seiten, Paperback, 17,00 Euro

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Ertz.

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