Robert Koch ist bereits anerkannter Stabsarzt, als er 1892 nach Hamburg geschickt wird. Eine Krankheit breitet sich aus, aber niemand in Hamburg will hören, dass es sich dabei um eine Seuche handelt. Die Cholera greift um sich und Koch bekommt aus Berlin den Auftrag, diese einzudämmen und am besten zu besiegen. Keine leichte Aufgabe, möchte sich die Stadtregierung von Hamburg doch am besten gar nichts von Berlin vorschreiben lassen und eine Abriegelung hat ja auch Konsequenzen. „Die Wirtschaft, die Wirtschaft“, glaubt man sie jammern zu hören.
Ralf Günther nimmt den Leser an die Hand und führt ihn in den Personen von Robert Koch und seiner Geliebten Hedwig durch das Hamburg der Sattelzeit. An der Seite von Koch erleben wir eine sture Bürokratie, eine immer verzweifelter werdende Suche nach der Ursache, nach der Quelle, aber auch Diskussionen um Maßnahmen, die weder von der Bürokratie noch von den Menschen so richtig angenommen werden mögen. An der Seite von Hedwig erleben wir die Auswirkungen auch auf die einfachen Menschen.
Insgesamt fand ich den Roman durchweg spannend und durch die offensichtlich umfangreiche Recherche auch lehrreich. Die komplizierte Liebesgeschichte muss in einem historischen Roman wohl sein, hat mir persönlich aber nicht gefallen. Sehr gut gefallen haben mir dagegen die Entwicklungen der verschiedenen Charaktere. Sie wachsen über sich hinaus, sie ändern ihre Meinung, auf jeden Fall sind fast alle, auch die Nebencharaktere andere als am Anfang des Buches. Das lässt die Personen von den Seiten aufstehen und in das Hirn des Lesers wandern und dazu kommt der flüssige Schreibstil, der das Buch rund macht. Gut gefallen haben mir auch die Zeitzeugenzitate, die am Anfang vieler Kapitel standen.
Ralf Günther: Arzt der Hoffnung.
rororo, Oktober 2021.
320 Seiten, Taschenbuch, 12,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Regina Lindemann.