Das ist ein seltsames Buch. Man weiß nicht so recht, worauf Ralf Bönts „Das kurze Leben des Ray Müller“ hinauswill, was genau der Kern dieses Romans ist.
Ein Mann namens Marko Kindler – der Ich-Erzähler – sitzt im Wartezimmer eines Polizeipsychologen, weil er offenbar seinen zwei Wochen alten Sohn Ray entführt hat. Dass diese Geschichte nicht gut ausgegangen sein könnte, lässt bereits der Titel vermuten. Aber was es genau mit der Entführung auf sich hat und was dabei passiert ist, erfährt der Leser erst auf den allerletzten Seiten des Buches, und es nimmt einen vergleichsweise kleinen Teil ein.
Alles davor ist Rückblick, wobei die Beziehung Kindlers zu der psychisch gestörten New Yorker Künstlerin Nelly einen breiten Raum einnimmt.
Dann geht es seitenlang und immer mal wieder um die eingebildeten oder tatsächlich vorhandenen Krankheiten der Hauptfigur. Teilweise liest sich das eher wie ein medizinisches Fachbuch. Ist es also ein Buch über unfähige Väter, verrückte Beziehungen oder eingebildete Krankheiten?
Der 1963 geborene Autor setzt sprachlich oft auf Metaphern. Nicht alle wirken besonders glücklich. Gleich auf der ersten Seite vergleicht er den Ausruf eines Arztes „Knapp ein Zentimeter“, der sich auf den geöffneten Muttermund einer Schwangeren bezieht, mit demselben Ausruf, den ein Fußballfan tut, wenn „in einem Auswärtsspiel“ der Ball die Torlinie überschritten hat. Merkwürdig.
Ralf Bönt: Das kurze Leben des Ray Müller.
DVA, März 2015.
336 Seiten, Gebundene Ausgabe, 19,99 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Andreas Schröter.