Megan Miranda: Der Pfad

Thriller sollten nicht so langatmig sein.

Ich lese die letzte Seite, so wie ich jede einzelne Seite gelesen habe. Dann schlage ich den Deckel des Buches behutsam zu und bin enttäuscht. Einiges hat mich berührt, doch meine literarische Seele wurde nicht wachgekitzelt. Ich wollte diese Geschichte wirklich lieben. Schaut euch nur das Cover an. Auch der vielversprechende Klappentext versprach wahnsinniges Potenzial!

Worum geht’s?

In dem idyllischen Ferienort des kleinen Bergstädtchens Cutter’s Pass in North Carolina, dem Ausgangspunkt für Wanderer auf dem Appalachian Trail, sind in den letzten 25 Jahren sieben Touristen spurlos verschwunden …

„All diese Fremden, die uns so nahegekommen waren. All diese Menschen, die ebenso auch wir selbst hätten sein können.“ (S. 104)

„Der Pfad“ wird als ein „fesselnder Thriller voller Spannung und schockierender Wendungen“ angepriesen, der die Leser bis zum Ende in Atem halten soll. Die Autorin spielt mit Suspense und ungelösten Rätseln, um uns Leser in die Handlung zu ziehen. Leider gelingt ihr das nicht.

„Die Atmosphäre hier zog die Menschen an und ließ sie immer wieder zurückkehren.“ (S. 70)

Am besten hat mir die eindringliche Atmosphäre von Cutter’s Pass gefallen: Düster, isoliert, mit einer lauernden Bedrohung und dem unterschwelligen Gefühl von unausgesprochenen Geheimnissen und Misstrauen.

„Es waren Menschen von außerhalb, die hierblieben und die Wurzeln ihres ganzen bisherigen Lebens kappten. Als könnten sie hier etwas über sich selbst herausfinden.“ (S. 70)

Mir war klar, dass dies ein Thriller ist und kein Mysterythriller. Nichts davon ist Mystery. Denn es gibt keine übersinnlichen oder unerklärlichen Phänomene, die die Grenze zwischen Realität und Übernatürlichem verschwimmen lassen würde. Und doch gibt es sie, die unglaublich gruseligen Mysterien, Legenden und Geheimnisse des Appalachian Trail. In der Realität. „Der Pfad“ handelt nicht davon, soviel sei verraten.

„Eine Tragödie war etwas ganz anderes als ein Mysterium.“ (S. 374)

Ein Thriller sollte niemals so langatmig sein!

Für mich hat sich alles viel zu sehr in die Länge gezogen. Die Handlung war zäh, zu konstruiert und nicht wirklich interessant oder spannend. Nichts passierte, bis es ab Seite 79 endlich leise anfing zu plätschern, dann aber wieder verebbte.

Leider konnte ich auch zu keinem der Protagonisten eine tiefe Verbindung aufbauen. Obwohl jede Figur kleinlich mit Aussehen, Kleidung und Vorgeschichte eingeführt wird – ein immer gleiches, durchgetaktetes Prozedere. Es scheint, als ob der gesamte Ort und seine Bewohner zu einem homogenen und farblosen Gesamtbild verschmolzen wären.

Es macht mich ein wenig traurig, eine so kritische Rezension zu schreiben, aber dieser schwerfällige Plot hat es einfach nicht geschafft, in mir einen einzigen tiefgehenden Funken zu entfachen. Und genau deshalb bin ich so enttäuscht: denn gerade die vielversprechende und verheißungsvolle Prämisse der Vermisstenfälle an diesem mysteriösen Schauplatz, dem Appalachian Trail, hatte meine Erwartungen geweckt.

„Es waren die Geheimnisse, von denen die Menschen angezogen wurden.“ (S. 125)

Insgesamt ist Megan Mirandas Thriller kein schlechtes Buch, aber definitiv nicht das, was ich erwartet habe. Daher kann ich die Lektüre nicht ohne Abstriche weiterempfehlen.

Megan Miranda: Der Pfad: Thriller.
Aus dem Amerikanischen von Melike Karamustafa.
Penguin, Januar 2024.
384 Seiten, Paperback, 16,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Olivia Grove.

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