Orlando und Sofia kennen sich seit ihrer Kindheit. Mit ihren Brüdern und Freunden tobten sie früher durch die Gassen von Venedig, bis sie Teenager wurden und tiefere Gefühle füreinander empfanden. Recht schnell wurden sie füreinander nicht nur beste Freunde sondern auch ihre erste große Liebe. Beide glaubten, in dem anderen ihren Partner für ihr ganzes Leben gefunden zu haben. Doch dann veränderte sich alles von einem Tag auf den anderen. Orlando verschwand ohne Abschiedsworte, und Sofia beschloss, nun auch ihren eigenen Traum wahrwerden zu lassen. Sie reiste nach Los Angeles und arbeitete hart für ihre Schauspielkarriere. Über die sozialen Medien verfolgte sie Orlandos Durchbruch in der Filmbranche.

Was bei Orlando aus der Ferne so spielerisch leicht aussieht, entwickelt sich für Sofia zu einem Horrortrip. Schockiert und verunsichert wohnt sie wieder in Venedig und will nie mehr vor einer Kamera stehen. Zwei lange Jahre gelingt ihr eine Pseudokarriere in einem heruntergekommenen Theater, bis auf einmal Orlando und sein Regisseur in Venedig aufkreuzen und Sofia eine Rolle in einem Film anbieten, bei der eine erneute Annäherung zwischen Sofia und Orlando unvermeidbar sind.

Jungtalent sollte man im Auge behalten

Marina Neumeier gehört zu den Jungtalenten, die man im Auge behalten sollte. Nach ihrem Studium in Kunstgeschichte arbeitet sie in einem Auktionshaus. Parallel hierzu hat die begeisterte Vielleserin Ideen in ihre Love-Trilogie umgesetzt, die für junge Erwachsene gedacht ist. Aufgrund ihrer jungen Jahre weiß sie genau, welche Alltagsprobleme in der Liebe und der Berufsfindung zu meistern sind. Am Beispiel von Sofia und Orlando zeigt die Autorin, wie Machtmissbrauch und Gewalt verletzen können und wie schwer sich ein Verarbeitungsprozess gestaltet, wenn man keine besten Freunde an seiner Seite hat. Ohne es zu wollen, lässt Sofia eine Verbindung zu Orlando zu, aus der mehr werden könnte. Sie könnten sich gegenseitig helfen, ihren gebrochenen Herzen und ramponierten Seelen den Heilungsprozess zu erlauben. Das Aufeinanderzugehen der beiden entwickelt sich zu einer feinfühligen Geschichte, die berührt und Anteilnahme weckt.

Das Thema des Romans ist der Heilungsprozess und das Zulassen von Gefühlen. Aus diesem Grund hat die Autorin auch die Verletzungen als Ursache beschrieben. Sie und der Verlag fügten deshalb eine Triggerwarnung am Anfang und Ende des Buches ein. Wer Mobbing, Machtmissbrauch und sexuelle Gewalt nicht ertragen kann, sollte sich für eine andere Lektüre entscheiden. Alle anderen dürfen sich auf eine besondere Liebesgeschichte freuen, deren Charaktere viel Sympathie wecken und neugierig machen.

Marina Neumeier: Mit jedem deiner Blicke: Script of Love 02.
Loewe, Januar 2023.
464 Seiten, Klappenbroschur, 15,95 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Bovenkerk-Müller.