Für die Anwältin Kat kann das Timing kaum schlimmer sein. Normalerweise ist sie daran gewöhnt, die Probleme anderer zu beheben. Meist schnell und effektiv. Seit sie für eine größere Kanzlei arbeitet, hat sie sich als Lösungsfinderin für die Superreichen einen Namen gemacht. Doch bei den eigenen Problemen fehlt Kat eine glückliche Hand. Viel zu viel ist unerledigt: der Streit mit dem Ex-Mann, ihr schlechter Männergeschmack oder die Auseinandersetzung mit ihrer Tochter. Leider kann sie Cleo nicht mehr so beschützen wie früher. Denn seit ihre Tochter studiert, ist alles anders geworden. Nicht nur die räumliche Distanz liegt zwischen ihnen.
Nur wenige Tage bevor Kat in ihrer Küche überfallen wird, lernt sie auf die harte Tour die Grenzen ihrer Kontrolle kennen. Kat wird von mindestens einer Person erpresst.
Die Autorin Kimberly McCreight ist bekannt für ihre emotionalen Psychothriller. Nachdem sie viele Jahre als Anwältin in einer großen Kanzlei gearbeitet hat, begann ihre zweite Karriere als Autorin, deren Bücher immer wieder auf der Bestsellerliste der New York Times erscheinen. Ihr Schwerpunkt in dem Thriller Tochterliebe ist das emotionale Desaster zweier mutiger Frauen, der Ich-Erzählerin Kat und ihrer Tochter Cleo. Für beide gibt es eine eigene Erzähl- und Zeitschiene.
Als Einstieg werden die ersten Risse in Kats perfekter Fassade fokussiert. Ihre privaten Schwierigkeiten lenken sie immer mehr von ihrer Arbeit ab. Sie merkt, dass ihre Kontrolle einfach nicht mehr funktioniert. Früher bereitete ihr das Mädchen Cleo kleine Sorgen. Heute hat die erwachsene Cleo große Sorgen, die sie mit Kat nicht teilen will. Das Leben ist bei beiden Frauen ein dynamischer Prozess. Eins greift ins andere. Schlechte Erfahrungen und Schuldgefühle stehen ihnen im Weg. Und trotzdem lässt Kat nicht los. Sie kämpft immer weiter, besonders wenn es um die Sicherheit ihrer Tochter geht.
„Mit geht es gut“, log ich. „Ich versuche lediglich herauszufinden, wann genau sich mein Leben in dieses Chaos verwandelt hat.“
„Alle leben im Chaos, Kat“, sagt Lauren leise. „Das kann ich dir versichern. … Kinder sind nun mal nicht wie Kuchen – man kann all die richtigen Zutaten zusammenfügen, den Küchen-Timer mit Adleraugen im Blick behalten, trotzdem ist es nicht ausgeschlossen, dass im Ofen noch jede Menge schiefgeht, über die du null Kontrolle hat.“ (S. 225)
Kimberly McCreight hat in ihrem Buch das Minenfeld einer schwierigen Mutter-Tochter-Beziehung mit zahlreichen Sprengkörpern gespickt. Jeder Schritt ist gefährlich. Jeder Schritt könnte der Letzte sein. Und jedes Ereignis sorgt bei der kurzweiligen Lektüre für reichlich Spannung.
Kimberly McCreight: Tochterliebe.
Droemer, April 2025
Taschenbuch, 400 Seiten, 18,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Bovenkerk-Müller.