Was nur zieht einen Mann, der in seinem Leben viel gesehen, die Welt bereist hat nach Tempe in Arizona? Atticus O´Sullivan schätzt die Wärme hier, die es einem selbst im tiefsten Winter ermöglicht im Freien zu nächtigen und mit dem Fahrrad zum Arbeiten zu fahren. Doch das wirklich tolle an Arizona ist, dass es hier kaum Götter, Unsterbliche oder Feen gibt. Dazu sollte man wissen, dass Atticus seit gut 2100 Jahren als Druide auf Erden wandelt, sich in dieser Zeit so manches mächtiges Wesen zum Feind gemacht hat, und seine Ruhe sucht. So kümmert er sich, begleitet von seinem sprechenden irischen Wolfshund um den Rasen einer netten alten Witwe, betreibt einen Laden für Esoterikliteratur und selbstgemischte Tees im Uni-Viertel und liegt mit seinem direkten Nachbarn im Dauerclinch. Dass er mit der Morrigan eine Todesgöttin auf seiner Seite hat, erwies sich schon so manches Mal als hilfreich. Nun aber wollen ihm einige Götter und Hexen an den Kragen, hütet er doch seit mehreren Jahrhunderten das magische Schwert Fragarach. Und so wird aus einem beschaulichen Leben in der heißen Idylle Arizonas plötzlich und unwillkommen ein Ort, an dem Götter, Feen und Hexen Jagd auf den letzten Druiden der Welt machen – eine Hatz, die eigentlich nur mit dem baldigen Tod des gejagten Wildes enden kann – doch irgendwie hat Atticus da andere Vorstellungen und immer noch das eine oder andere As im Ärmel …
Ich habe es mir zur lieben Übung gemacht, ein Buch, das mich nach 50 Seiten nicht in seinen Bann gezogen hat zuzuklappen und zum nächsten, vermeintlich besseren Titel zu greifen. Bei Kevin Hearnes Auftaktband der eisernen Druidenchronik war ich, ich gebe es gerne zu, kurz davor die Seiten zu schließen, las sich der Beginn doch ein wenig chaotisch, bot wenig wirklich interessante Handlungsfäden oder Ideen. Im Nachhinein bin ich froh, dass ich Sitzfleisch bewiesen habe, denn der Plot nahm plötzlich Fahrt auf, die Charaktere entwickelten unvorhergesehen überraschende Tiefe und die Handlung entpuppte sich als wahrer Pageturner.
Sobald der Grundkonflikt angelegt, die Hauptfigur vorgestellt ist wird es plötzlich interessant. Da geben sich keltische Gottheiten, Hexenzirkel und Anwälte, zu denen passenderweise Werwölfe und Vampire zählen,bildlich die Klinke in die Hand, muss unser liebevoll gezeichneter Filou verzweifelt versuchen, dem Chaos Herr zu werden und zu überleben. Dass er dabei zumeist auf verlorenem Posten kämpft, eigentlich gar keine Chance hat zu obsiegen, immer wieder aber seinen Kopf im letzten Moment aus der Schlinge zieht macht einen Großteil des Lesegenuss´ aus. Weiteres Pfund mit dem Hearne wuchert ist, dass er seine antiken Götter einen Kulturschock nicht erspart. Sie, die allwissenden, allmächtigen Wesen kommen mit der modernen Zeit nicht zurecht, verstehen die Menschen und ihre Maschinen nicht, haben sich in den seltensten Fällen angepasst. Das liest sich, auch weil sich der Protagonist – und der Autor – nie zu ernst nehmen ebenso temporeich wie humorvoll, bietet dem Urban-Fantasy Fan zwar nichts wirklich Neues, aber doch einen etwas anderen, eigenen Ansatz. Hoffen wir, dass das Buch seine Leser findet, damit die weiteren bislang in den Staaten erschienen vier Bände auch ihren Weg in heimische Buchhandlungen finden.
Kevin Hearne: Die Chronik des Eisernen Druiden 01: Die Hetzjagd.
Klett-Cotta, Februar 2013.
349 Seiten, Gebundene Ausgabe, 19,95 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.