1979: Im ländlichen Gebiet rund um San Francisco wachsen die 11- und 13-jährigen Geschwister Patty und Rachel auf. Ihr Vater hat die Familie vor ein paar Jahren wegen einer anderen Frau verlassen. Seitdem ist ihre Mutter depressiv und kommt kaum mehr aus ihrem Zimmer. Rachel und Patty sind deshalb schnell selbstständig geworden und wachsen in Freiheit auf dem nahegelegenen Berg auf. Doch dann erschüttert eine Mordserie die Gegend. Innerhalb kürzester Zeit werden am Berg mehrere vergewaltigte Frauenleichen aufgefunden. Der sogenannte Sunset Strangler wird gesucht. Federführend bei den Ermittlungen ist der Vater der Mädchen. Doch lange Zeit hinterlässt der Täter keine Spur. Zu spät wird klar, in welch großer Gefahr sich Patty und Rachel befinden.
Joyce Maynards Roman „Gute Töchter“ ist ein Genre-Mix, der sich mit vielen verschiedenen Themen beschäftigt. Zentral ist dabei das Thema der Vater-Tochter-Beziehung. Schnell wird klar, dass Rachel und Patty sehr an ihrem von ihnen getrenntlebenden Vater hängen. Während um sie herum eine Mordserie passiert, sind sie sich der Gefahr, in der sie stecken, nur selten bewusst. Sie stromern wie eh und je über den Berg, freunden sich mit ihnen unbekannten, mysteriösen Nachbarn an und tun das, was Mädchen in ihrem Alter eben so tun: Sie reden über Sex und Jungs, warten auf ihre Periode und versuchen in der Schule beliebt zu sein. Das trifft zumindest auf Rachel zu, Patty, das wird schnell klar, ist ganz anders gestrickt. Und so gehen die Mädchen auch sehr unterschiedlich mit den Ereignissen um den Sunset Strangler und ihren Vater um. Erzählt wird die Geschichte von Rachel als Mittvierzigerin, die zurückblickt auf ihre Kindheit am Berg. Aber sowohl sie als auch Patty sind klar gezeichnet und werden zwischen den Seiten lebendig. Innerlich wie Feuer und Wasser, sind sie doch ein Herz und eine Seele, wenn es darauf ankommt, denn sie sind seit einigen Jahren auf sich selbst gestellt.
Bei diesem Roman muss man sich erst an den vorherrschenden Ton gewöhnen. Besonders die ersten 50 Seiten fielen schwer, denn es ist ein besonderer Schreibstil. Dann wird die Geduld leider noch einmal auf die Probe gestellt, denn viele Passagen der Geschichte sind gefühlt sehr langatmig. Aber die Geschichte ist toll! Sie hat darüber hinaus alles, was eine gute Geschichte braucht: Spannung, zwei interessante Hauptfiguren und Themen, um die niemand drum herum kommt. Gerade die beiden Töchter machen „Gute Töchter“ zu etwas Besonderem, so dass ich gerne über die erwähnten Längen hinwegsehe. Wer es schafft, diesen Roman bis zum Ende zu lesen, wird trotzdem zufrieden sein. „Gute Töchter“ ist ein besonderes Buch, das zumindest mir noch lange in Erinnerung bleiben wird!
Joyce Maynard: Gute Töchter.
HarperCollins, Oktober 2015.
352 Seiten, Gebundene Ausgabe, 19,90 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Janine Gimbel.