Harry Dresden hat Ärger, mächtig großen Ärger sogar. Moment einmal, sollte es nicht „hatte“ heißen, Vergangenheitsform, schließlich war unser selbsternannter Schützer Chicagos und Ex-Magier des weißen Rates ja tot, zumindest fast und in seinem letzten Abenteuer nur in Geisterform unterwegs?
Doch seitdem hat sich seine Lage nicht unbedingt verbessert, sein Leben dagegen wurde und wird immer interessanter.
Seit er Mab als Winterritter dient, wurde er von ihr aufgepäppelt. Nun, nachdem seine Rekonvaleszenz abgeschlossen ist, erhält der Killer des Winterhofs seinen ersten Auftrag. Nun kann man von Mab sagen, was man will, aber einfallsreich ist sie. Nicht einen x-beliebigen Menschen, auch keinen normalen Sidhe soll Harry um die Ecke bringen, nein, Mabs eigene Tochter Maeve, eine Unsterbliche soll daran glauben.
Dumm, dass ausgerechnet jetzt auch noch Harrys höchst geheime Insel im Michigan See, auf, besser unter der seit Jahrhunderten die gefährlichsten unsterblichen Wesen der Welt inklusive einiger Götter eingekerkert sind dabei ist in die Luft zu fliegen und die Häftlinge auf die Menschenwelt loszulassen.
Wem das immer noch nicht reicht an Dramatik, der darf sich auf verteufelt gefährliche Alien-Psychopathen und eine Seuche freuen – und schon hat Harry genau einen Tag um all das wieder ins Reine zu bringen …
Im Verlauf der letzten Jahre hat Feder & Schwert, nachdem sie die Harry Dresden Reihe von Knaur übernommen hatten ein höllisches Tempo vorgelegt. Bis zu drei Romane erschienen Jahr für Jahr, so dass wir inzwischen die US-Erstausgabe fast eingeholt haben. Dies ging nur, indem man gleichzeitig mehrere Übersetzer parallel an den Büchern arbeiten ließ.
Mit vorliegendem Band wechselt die Übersetzung von Dorothee Danzmann wieder zu Oliver Hoffmann und Katja Giehl, und auch wenn die letzten Übersetzungen deutlich besser waren, merkt man doch, dass Harry wieder zu den besten Händen zurückgekehrt ist.
Der Roman liest sich stilistisch flüssig, der Tonfall trifft genau das Schnoddrige, Selbstironische unseres Magiers auch wenn vorliegend ungewöhnlich viele Rechtschreib- und Setzfehler zu bemerken sind.
Inhaltlich wartet erneut eine Tour den Force auf den Leser. Nicht weniger als vier parallel angelegte Bedrohungen erwarten Harry und seine Welt, wobei Butcher geschickt nicht nur mit der Erwartungshaltung seiner Rezipienten, sondern auch mit falschen Fährten, Geheimnissen, Intrigen und gar merkwürdigen Gestalten spielt. Das ist großes, grelles und so manches Mal donnerndes Kino, die Spezialeffekte reihen sich nahtlos aneinander, so dass weder Harry noch der Leser groß zum Atemholen, Reflektieren oder Nachsinnen kommt.
Getrieben von der Deadline, die die Vernichtung seiner Heimat, ja der Welt befürchten lässt, verliert unser Filou ein wenig den Überblick, handelt nur noch spontan und planlos, wird getrieben und findet keine Zeit sich auch um das zu kümmern, was wichtig wäre. Seine Freunde, die Liebe zu seiner Tochter, die Zuneigung zu den Frauen um ihn herum, das wird, wenn auch immer wieder angeschnitten mehr und mehr in den Hintergrund gerückt. Im Zentrum steht ganz eindeutig die rasant ablaufende Handlung, Kämpfe satt und neue Geheimnisse.
Ich hatte als Leser das Gefühl, dass Butcher die Serie mit vorliegendem Band auf ein neues, ein weit größeres Fundament stellt, neue Ansätze hinzufügt und durchstartet. Erstaunlicherweise werden dabei keine alten Zöpfe abgeschnitten, bleiben die Gefährten, wenn auch in neuen Rollen mit an Bord. So bleibt unser Magier frisch und voller Kraft, wenn auch Müde zurück und blickt ein wenig Sorgenvoll in seine Zukunft.
Jim Butcher: Die dunklen Fälle des Harry Dresden 14: Eiskalt.
Feder & Schwert, Januar 2014.
680 Seiten, Taschenbuch, 15,99 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.