Sie hatten ihre 15 Minuten Ruhm, manchmal mehr. Das ist die Gemeinsamkeit der ersten Opfer eines neuen Serienmörders. Und sie hatten ihren Ruhm mehr oder weniger – sagen wir mal zufällig. Sie sind Stars von vergänglichen Doku-Soaps oder anderen seltsamen Formaten und haben es in der Welt des schnelllebigen Internets zu gewisser Berühmtheit gebracht. Ob sie dafür etwas getan haben, darüber lässt sich vermutlich trefflich disputieren, der Täter findet jedenfalls, dass sie Geld und Ruhm nicht verdient hätten. Sie bekomme noch eine Chance von 60 Fragen, von denen sie 20 richtig beantworten müssen, um zu überleben. Was soll man sagen, die ersten Opfer haben es nicht geschafft.
Die Krimistory an sich ist sehr gut, sehr aktuell und wird vielen Lesern (ja, gerade Lesern) und Hörern aus dem Herzen sprechen. Auch die Steigerung der Opfer vom Darsteller bis hin zum Drahtzieher ist logisch nachvollziehbar. Die Stimme von Douglas Welbat passt sehr gut zu der düsteren nordischen Stimmung.
Aber …, ja es gibt ein aber. Auch wenn ich es eigentlich begrüsse, wenn in einer Reihe die Ermittler nach und nach eine Geschichte bekommen, macht es doch keinen Sinn, wenn sie sich im Laufe der Reihe völlig sinnlos um 180 Grad drehen. Die Figur des Sebastian Bergman war deswegen so stark, weil er ein blödes Arschloch war, das in einem winzigen Bereich seines Lebens plötzlich doch so etwas wie menschliche Gefühle entdeckte und damit so gar nicht umgehen konnte, eben mit seiner Tochter Vanja. Und Vanja war die Top-Polizistin, die ihr Privatleben peinlich privat hielt. In diesem Roman funktioniert das aber nicht mehr. Zum einen bekommt jetzt anscheinend jedes Mitglied des Teams der Reichsmordkommission einen Sack Probleme angeschrieben und das überfrachtet einen Krimi einfach. Zum anderen ist es zwar schön, wenn sich Protagonisten weiterentwickeln, aber sie können sich doch nicht einfach mal so komplett verändern. Vanja scheint alles vergessen zu haben, was sie über professionelle Polizeiarbeit jemals gelernt hat und Sebastian mutiert fast zum Menschenfreund. Das nimmt der geneigte Leser übel, vor allem, wenn die Motivation nicht wirklich erkennbar ist.
Auch wenn der Cliffhanger wirklich gespannt auf den Folgeband macht: Ich hoffe, dass dann die Protagonisten wieder zu alter Form auflaufen.
Hjorth & Rosenfeldt : Die Menschen, die es nicht verdienen, gelesen von Douglas Welbat.
Audiobuch-Verlag, September 2015.
6 CDs, 19,95 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Regina Lindemann.