Gallert & Reiter: Glaube Liebe Tod

War es nicht ein katholischer Pfarrer, der das Wort „kriminalisieren“ in aller Munde gelegt hat? Kriminalisierende Pfarrer sind gar nicht so selten. Neu hinzugekommen ist jedoch der Polizeiseelsorger Martin Bauer in diesem Genre.

Das Autorenduo Gallert/Reiter macht den Leser mit einer kuriosen Persönlichkeit bekannt, der gleich zu Beginn der Handlung in eine ebenso kuriose Situation gerät. Ein vielversprechender „Sprung ins kalte Wasser“, mit dem der Protagonist den Leser in seinen Bann zieht. Schnell spürt man, dass die Autoren keine Anfänger sind. Als erfahrene Drehbuchautoren erzeugen sie gekonnt einen Spannungsbogen, der es den Lesern schwer macht, das Buch aus der Hand zu legen. Polizeiseelsorger Martin Bauer schafft es, als Pfarrer authentisch zu bleiben und sein kriminalistisches Gespür zur Entfaltung zu bringen. Natürlich stößt er dabei nicht nur auf Gegenliebe. Die Kommissarin Verena Dohr tut sich schwer damit, Bauer in ihre Arbeit einzubeziehen.

Es beginnt auf einer Rheinbrücke. Walter Keunert, ein Duisburger Polizist, hat das Brückengeländer überwunden und will sich mit einem Sprung in den Strom das Leben nehmen. Martin Bauer ist hier als Notfallseelsorger gefordert. Er handelt sofort, indem er sich neben Keunert stellt und beherzt von der Brücke springt. Keunert springt hinterher. Aber jetzt nicht suizidärer Absicht, sondern um Bauer zu retten. Eine spektakuläre Aktion, mit der Martin Bauer in seinen ersten Fall eintaucht. Denn nur wenige Stunden nach ihrem Bad im Rhein ist Walter Keunert dennoch tot. Seine Leiche wurde in einem Parkhaus gefunden. Natürlich geht die Polizei von Suizid aus. War Bauers Rettungsaktion vergeblich gewesen?

Martin Bauer ist skeptisch und braucht viel Geduld, bis Verena Dohr seine Skepsis teilt und mit ihren Ermittlungen beginnt. Martin Bauer recherchiert ebenfalls und taucht immer tiefer in eine Welt ein, die von Drogen, Menschenhandel, Prostitution, Korruption und Gewalt bestimmt wird. Dabei dient das Ruhrorter Hafenviertel als Bühne und Kulisse. Hier ist Bauer als Pfarrer und Ermittler gefordert. Ganz nebenbei antwortet er lebensnah auf komplexe theologische Fragestellungen. Er versucht, Keunerts Familie Beistand zu geben und spürt erst spät, vielleicht zu spät, dass seine eigene Familie in Gefahr ist.

Das Leben ist kein Ponyhof. Dafür steht Martin Bauer mit der ganzen Breite seiner Existenz. Als Pfarrer glaubt er an einen Gott, der es gut mit den Menschen meint. Gleichzeitig betreut er Polizisten, die in ihrer Wahrnehmung von Gewalt immer wieder an ihre Grenzen kommen. Den Autoren gelingt es, in Martin Bauer einen interessanten Protagonisten zu kreieren, der den Leser mit in sein theologisches Denken und in seine menschlich reflektierte Wahrnehmung hineinnimmt. Dabei lässt er dem Leser viel Freiheit, seine eigenen Ermittlungen anzustellen. Martin Bauer ist keineswegs perfekt. Als Vater wird er von seiner Tochter und natürlich von seiner Frau als Ehemann gefordert. Bei seinen Ermittlungen bewegt er sich nicht immer auf dem Boden der Legalität. Das Verhältnis zu seinem Vorgesetzten ist entsprechend gespannt. Bauer wird auf harte Proben gestellt und führt den Leser, dramaturgisch geschickt, von Höhepunkt zu Höhepunkt.

Für mich steht fest: Die Lektüre von „Glaube Liebe Tod kann ich empfehlen, zumal der Verlag am Ende des Buches bereits auf Martin Bauers zweiten Fall aufmerksam macht. Ein Glück!

Peter Gallert & Jörg Reiter: Glaube Liebe Tod.
Ullstein, Mai 2017.
416 Seiten, Taschenbuch, 9,99 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Martin Simon.

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