Claire Renaud: Die Liebenden am Canal Saint-Martin

In einem kleinen Restaurant am Canal Saint-Martin in Paris steht der Bretone Cyril hinter dem Tresen, die Kellnerin Marion flitzt zwischen den Tischen hin und her und in der Küche sorgt Ali für vorzügliche Gerichte. Der Leser ist an einem Abend mit im Lokal anwesend. An fast allen Tischen haben zwei Personen Platz genommen. Man bekommt einen Einblick in ihr Leben, ihre Sorgen, ihre Wünsche und Sehnsüchte. Da ist zum Beispiel Monsieur Fontaine, der ganz alleine an einem Tisch sitzt. Er hat mit seiner Frau einen kleinen Laden betrieben. Sie ist vor kurzem gestorben, aber Monsieur Fontaine geht trotzdem in ihr Lieblingsrestaurant und isst zwei Portionen Entrecote.

Eines für sich, eines im Andenken an sie. Des Weiteren essen an diesem Abend Julien, ein älterer Arzt, und seine Frau in dem Lokal. Beide sind unglücklich mit dem anderen, beide sind verbittert, wagen das aber nicht anzusprechen. Die schusselige Aurelie kramt in ihrer Tasche und sucht nach dem positiven Schwangerschaftstest, den sie ihrem Freund Francois zeigen will, eine Frau steht unvermittelt auf, weil sie die Gemeinheiten ihres Mannes nicht mehr erträgt und verlässt ihn an Ort und Stelle, zwei Männer haben drei wunderschöne Monate miteinander verbracht, müssen sich aber jetzt trennen und zu ihren Familien zurückkehren und mit Marions Hilfe gelingt es der Mittdreißigerin Zoe, von ihrem On/Off-Freund loszukommen, der laufend mit anderen Mädchen im Lokal auftaucht. Zwischen all den Geschichten und Ereignissen überlegt Cyril, wie er Marion sagen und zeigen kann, wie sehr er sie mag und auch Marion ist im Grunde sehr von Cyril angetan.

Claire Renaud schreibt ein feines, warmherziges Buch, das einen mitnimmt in dieses etwas abgewohnte Lokal mit seinen Polstersesseln und dem roten Samtvorhang vor der Eingangstür, in dem eine kleine Runde bunt zusammengewürfelter Menschen, jeweils beschäftigt mit ihren Ängsten, Nöten und Freuden, gemeinsam zu Abend isst.

Fazit: Ein bisschen Haut Cuisine, ein bisschen Melancholie, ein bisschen Romantik und viele Emotionen. Ein gutes Buch für lange, düstere Spätwinterabende.

Claire Renaud: Die Liebenden am Canal Saint-Martin.
Aus dem Französischen von Alexandra Baisch.
Dtv, Januar 2025.
240 Seiten, Hardcover, 15,50 €.

Diese Rezension wurde verfasst von Karina Luger.

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