Es hätte alles gut laufen können, ein kleines Geschäft nebenbei und wenn es richtig gut läuft, vielleicht ein weiteres. Doch sie fliegen bei dem Abteilungsleiter in der Werbeagentur auf. Die drei Angestellten Morries, Oldroyd und Reddy müssen nur noch auf die Rückkehr des Chefs warten. Dann hätten sie ihre Kündigung, kein Geld mehr, dafür Kälte und Hunger bei der Jobsuche, denn die 20er Jahre in London sind nicht gerade ein Arbeitnehmerparadies. Morries beschließt unter dem Gesichtspunkt der Existenzsicherung den Abteilungsleiter mit Oldroyds Revolver zu erschießen und sich von dem jungen Reddy auf seinem Motorrad zu dem Tatort hin und weg fahren zu lassen. Der Mord wird ein voller Erfolg: Die Polizei ist ratlos. Die Jobs sind nicht nur sicher, sondern Morries bekommt auch noch die Stelle seines Opfers.
Als Reddy mit der Schuld auf seinem Gewissen nicht mehr klarkommt, droht die Allianz des Schweigens auseinanderzubrechen. Gerade noch rechtzeitig stirbt er bei einem Motorradunfall, und Oldroyd befürchtet, bald seinem ehemaligen Abteilungsleiter und Reddy Gesellschaft leisten zu müssen. Und dann ist da noch die Tochter des Chefs, eine junge Praktikantin, die nach Morris Meinung viel besser zu ihm passe als die eigene Ehefrau, die gerade mit dem dritten Kind schwanger geht.
Cecil Scott Forester, (1899 – 1966) hatte 1926 seinen ersten Erfolg mit dem psychologischen Thriller „Payment Deferred“. Nach seinem zweiten Thriller schrieb er Drehbücher in Hollywood und anschließend die bekannte zwölfbändige Abenteuerserie über die Seefahrten des Horatio Hornblower. In seinem 1930 veröffentlichten Kriminalroman „Gnadenlose Gier“ belauern und bekämpfen sich ein Mörder und sein Mitwisser. Der eine groß, stark, erfolgreich im Beruf, der andere ein schmächtiger Mitläufer, der für den ehemaligen Freund und jetzigen Vorgesetzten nur noch Hass und Abscheu empfindet. Ganz langsam und beiläufig baut der auktoriale Erzähler seinen Spannungsbogen auf in dem Wissen, dass das Morden und Hassen nicht von Dauer sein kann. Es entsteht ein Sog, der mit dem wachsenden Selbstbewusstsein des skrupellosen Morris einhergeht. Eine mögliche Entlarvung und die unvermeidbare Eskalation liefern sich ein Kopf an Kopf-Rennen.
C. S. Forester: Gnadenlose Gier (1930).
dtv, März 2014.
260 Seiten, Taschenbuch, 14,90 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Bovenkerk-Müller.