Beat Sterchi: Capricho: Ein Sommer in meinem Garten

Der Schweizer Schriftsteller Beat Sterchi (Jahrgang 1949) hat in seinem Debütroman „Blösch“ aus dem Jahr 1983 die Geschichte eines spanischen Gastarbeiters auf einem Bauernhof in der Schweizer Provinz geschrieben. Am 24. März 2021 ist sein neues Buch mit dem Titel „Capricho – Ein Sommer in meinem Garten“ im Diogenes Verlag erschienen.

In „Capricho“ (auf Deutsch „Laune“) kommt ein Autor wie jedes Jahr im Sommer in ein spanisches Dorf, um Urlaub zu machen. Inzwischen gehört ihm auch ein „huerto“, ein über ein Kanalsystem bewässerter Gemüsegarten. In der Zeit seiner Abwesenheit hat sich dort das Unkraut breit gemacht. Aber der Ich-Erzähler macht sich unverdrossen und freudig an die Arbeit. Er will Kartoffeln setzen. Aber eigentlich hat er sich vorgenommen, die Geschichte des Dorfes aufzuschreiben. Nur stellt sich keine Schreiblaune bei ihm ein. So verbringt er die meiste Zeit in seinem „huerto“. Hört sich geduldig die guten Ratschläge der spanischen Nachbarn an und ringt um den „roten Faden“ für seinen Text. Zwischendurch besuchen ihn seine Ehefrau und seine Tochter für ein paar Tage. Er füllt Notizbücher mit Stichwörtern, liest Bücher und Zeitungen, fährt zum Einkaufen in die Stadt oder zum Baden ans Meer. Und die Launen der Natur (Wetter, Tiere) durchkreuzen die Ernte einiger Gemüsesorten. Aber die Kartoffeln schmecken herrlich. Erst kurz vor der Abreise gelingt dem Autor der Durchbruch bei seinem Schreibprojekt.

Beat Sterchis „Capricho – Ein Sommer in meinem Garten“ erscheint gerade richtig zur Eröffnung der Gartensaison in diesem Jahr. Aber es ist mehr als nur ein Buch über den Garten. Sterchi beschreibt das Leben eines urlaubenden Ausländers in einem Dorf, dessen Bewohner alt sind, das vom Verfall und Aussterben bedroht ist und in dem das Wissen um die Selbstversorgung der Menschen durch den eigenen Anbau von Obst, Gemüse oder Getreide langsam verloren geht. Es ist ein Buch, in dem nicht viel passiert. Es sind die alltäglichen Gänge des Ich-Erzählers in den Garten, die kurzen Gespräche und Begegnungen mit den Dorfbewohnern und das Erleben von Wachstum und Gedeihen der Pflanzen, die Beat Sterchi zu einer unterhaltsamen und anregenden Geschichte im Plauderton strickt. Die Alten lehren Ruhe und Geduld im Umgang mit der Natur und das Teilen des Ernteertrages. Was ist in einer Welt wie der heutigen mit ihrer gnadenlosen Ausbeutung der Erde, der Überdüngung von Feldern, der inhumanen Tierhaltung, der Verschwendung von Wasser und dem gleichzeitigen Verhungern von Millionen Menschen sinnvoller geworden?

Beat Sterchis „Capricho“ passt zu verschiedenen aktuellen Trends, wie dem Wiederaufleben der Schrebergärten, dem Mieten von Gemüsegärten bei Landwirten oder der Selbstversorgung mit Gemüse und Obst aus dem eigenen Garten. Aber Sterchi beschreibt auch eine menschliche Geisteshaltung: die Demut vor der Natur und der Umwelt und ihren Schutz zur Sicherung des Überlebens von Mensch und Tier.

So legt Beat Sterchi uns ein sympathisches Buch vor, das die lesenden Gärtnerinnen und Gärtner in ihrem Glück bestätigt und die anderen neugierig macht auf die Natur mit ihrem ständigen Kreislauf des Wachsens, Gedeihens und Vergehens. Und es sorgt außerdem für guten „Capricho“.

Beat Sterchi: Capricho: Ein Sommer in meinem Garten.
Diogenes, März 2021.
272 Seiten, Gebundene Ausgabe, 24,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Sürder.

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