Anne Tyler: Drei Tage im Juni

Anne Tyler kann man als bewährte Autorin für gute Unterhaltungsliteratur bezeichnen. Sie war für viele Preise nominiert und ist unter anderem Trägerin des Pulitzerpreises und des Sunday Times Award für ihr Lebenswerk. In unserem Portal ist außerdem die Rezension zu ihrem 2016 erschienenen Roman „Kleine Abschiede“ zu lesen.

Lebensnah, mit treffenden Dialogen

Mit den Figuren dieses Romans fühlt man sich schnell angenehm vertraut. Anne Tyler versteht es, sie in all ihrem Tun so echt und lebensnah agieren zu lassen, dass man das Gefühl hat, es handle sich um alte Bekannte. Federleicht beschreibt sie Tagesabläufe, Konflikte und Emotionen. Vor allem die überaus treffende Dialogführung, mit der Anne Tyler weite Bereiche der Handlung ausfüllt, liest sich frappierend stimmig. Kein einziges Wort wird hier als überflüssig oder Lücken füllend wahrgenommen.

Kein Glück ohne Enttäuschungen

Die Trennung von Gail und Max liegt schon einige Zeit zurück. Alles, was sie noch verbindet, ist ihre gemeinsame Tochter Debbie. Natürlich werden die beiden bei der anstehenden Hochzeit von Debbie aufeinandertreffen und ihr Bestes geben, um zu einem gelungenen Fest beizutragen. Als Max jedoch zu den Festvorbereitungen mit einer Katze anreist, bringt er die Planung durcheinander. Weil Debbies künftiger Mann eine Katzenallergie hat, muss er kurzerhand in Gails Haus ein Zimmer beziehen.

Vor und während der Hochzeitsfeier kommen kleinere und größere Schwierigkeiten ans Licht, die jedoch meist diskret von den Agierenden vertuscht werden. Die Autorin beschreibt diese teils witzigen oder skurrilen Situationen leise, ohne viel Aufhebens. Verletzendes bleibt zwischen den Zeilen.

Nichts muss bleiben, wie es ist

Auch Gail und Max müssen sich arrangieren. Gail hat zudem berufliche Probleme, die ihr fast mehr zu schaffen machen, als das Aufeinandertreffen mit Max. Beide bemühen sich um Harmonie und bemerken mit der Zeit, wie vertraut sie einander noch sind.

Bei so viel plötzlicher Nähe bleibt es nicht aus, dass Gail und Max sich außer mit der Katze, natürlich auch mit ihrer gemeinsamen Vergangenheit auseinandersetzen. Gail hinterfragt ihr eigenes Verhalten während ihrer langjährigen Beziehung und erkennt eigene Fehler. Zudem stellt sie durchaus positive Veränderungen an Max fest.

Letztlich zeigt sich, nichts muss bleiben, wie es ist.

Ein schön zu lesender kleiner Roman, den man ungern zur Seite legt. Konstant stimmig unterhält er auf gutem Niveau.

Anne Tyler: Drei Tage im Juni.
Übersetzung aus dem Amerikanischen: Michaela Grabinger.
Kein & Aber, November 2024.
248 Seiten, gebundene Ausgabe, 23,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Annegret Glock.

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