Dieses Buch handelt von einem ungewöhnlichen Familienepos. Ungewöhnlich, weil die Autorin die Handlung auf wenige Seiten konzentriert und verdichtet. Es ist ein Konzentrat, das aufzeigt, wie gewisse Eigenheiten und Ausprägungen mancher Charaktere über Generationen hinweg in einer Familie erhalten bleiben und sich in denen, die nachkommen, offenbaren.
Die Geschichte beginnt mit der Zeit des Ersten Weltkrieges. Die Autorin schildert das harte bäuerliche Leben auf einem Hof in Norddeutschland. Hier lebt Almas Urgroßmutter Henrike, die im Alter von dreizehn Jahren ihre Mutter verliert. Von nun an kümmert sich Henrike um den Haushalt und die jüngeren Brüder. Henrike schlachtet Tiere, bepflanzt den Garten. Als sie eines Morgens bemerkt, dass das Gemüse in den Beeten eine milchig-weiße Farbe angenommen hat, weiß sie, dass der Vater im Krieg gefallen ist.
Henrike kann ein Schaf schlachten, ohne dass andere es mitbekommen. Schafe bleiben ruhig und still dabei, weiß sie.
Die Vorliebe für das Anpflanzen von Gemüse und das Arbeiten in der Gartenerde zieht sich wie ein roter Faden über die Frauengenerationen hinweg.
Später bepflanzt Henrikes Tochter Hilde die Beete. Sogar Alma, die Jüngste in der Ahnenreihe, findet Gefallen daran, Puppenköpfe in der Hoffnung, dass sie sich vermehren, in der Erde zu vergraben.
Wir lesen von den unterschiedlichsten Kindern, die in diese Familie hineingeboren werden.
Mit der Geburt der Kinder taucht auch Alma, die Hebamme, immer wieder auf. In ihrer Tasche lagern Werkzeuge, die Schlachtinstrumenten gleichen. Alma hat geholfen, Henrikes Sohn Benedikt auf die Welt zu bringen. Der Junge schläft nach seiner Geburt fünfzehn Jahre lang, bis er plötzlich aufwacht, als sei nichts gewesen. Überhaupt erfahren wir über die verschiedenen Kinder, die in der Familie aufwachsen, Wesentliches über deren jeweilige Eltern. Besonders die Mütter sind es, die manche ihrer Kinder bevorzugen oder benachteiligen. Dies verdeutlicht die Autorin in besonderer Form.
Die Figuren wandeln und verwandeln sich. Am Ende ist es Miriam, Almas Großmutter, die in ihrem Gewächshaus in der Erde zwischen Zitronenbäumen Wurzeln schlägt.
Fragmente ersetzen lange Handlungsstränge und fügen sich aussagekräftig zusammen.
Anna Maschik schreibt vom Leben wie es einst war und wie es heute ist. Plastisch schildert sie die Veränderungen. Die wundersame Aura, die sie ihren Figuren verleiht, liest sich außergewöhnlich und seitenweise märchenhaft.
Anna Maschik: Wenn du es heimlich machen willst, musst du die Schafe töten.
Luchterhand, September 2025.
gebundene Ausgabe, 240 Seiten, 23,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Annegret Glock.
