Andreas Izquierdo: Revolution der Träume

Die langersehnte Fortsetzung eines meiner Lieblingsbücher des vergangenen Jahres „Schatten der Welt“. Die Handlung schließt fast nahtlos an den Vorgängerband an, beginnt im November 1918, mit der Absetzung des deutschen Kaisers und der Ausrufung der Republik.

Vorangeschickt sei der Hinweis, dass manches in dieser Fortsetzung ohne die Kenntnis des ersten Bandes nur teilweise verständlich ist. Die Vorgeschichte der drei Protagonisten bedingt ihr Handeln in der Nachkriegszeit entscheidend, genau wie die Begegnungen mit ihren alten Freunden und Feinden. Es wird einiges aus dem ersten Teil erwähnt, aber in angenehm unaufdringlicher Weise.

Die drei Freunde Carl, Artur und Isi treffen sich in Berlin, teils unverhofft, teils nach langer Suche. Artur ist schwer gezeichnet von Kriegsverletzungen, hat sich aber bereits einen Namen in der Berliner Unterwelt gemacht und folgt somit dem ihm schon seit der Kindheit vorgezeichneten Weg. Isi ist die gleiche Ungestüme, Rebellische geblieben und beteiligt sich mit großer Begeisterung und noch mehr Zorn an der Revolution, besorgt Waffen, beschützt Revolutionäre und vertraut dabei immer auf die Hilfe von Artur. Carl, wie immer schüchtern, unsicher und ängstlich, findet eine Anstellung bei der UFA, eine neue Liebe, die er gleich wieder verliert und wird zum Beschützer eines kleinen Jungen.

Wir erleben diesmal die komplette Geschichte ausschließlich aus der Sicht von Carl, die Unternehmungen von Artur und Isi, die politischen Geschehnisse und die Entwicklung des deutschen Films nach dem Ersten Weltkrieg nehmen wir durch seine Augen wahr. Damit auch gefiltert durch seine Angst, mit der Obrigkeit aneinanderzugeraten, seine Arbeit zu verlieren, seine Freunde zu verlieren. Denn diese begeben sich in immer neue Gefahren.

Artur gerät in Konflikt mit anderen Unterweltanführern und den Gesetzen, Isi gründet eine Anlaufstelle für Frauen und  findet eine problematische Liebe. Währenddessen kämpft Carl vor allem um Hans, den Jungen, den er bei sich aufnahm und bekommt es mit entfernten Verwandten aus der alten Heimat seines Vaters zu tun.

Wie auch schon den ersten Band liest man dieses Buch in einem Rutsch, will man bei jedem Umblättern schnellstmöglich wissen, wie es weitergeht. Denn wieder streut Andreas Izquierdo gemeine Cliffhanger ein, werden künftige Ereignisse angedeutet.

Geschickt baut der Autor die historischen Hintergründe in die fiktive Geschichte ein, stets sind die Protagonisten an den Orten, an denen sich entscheidende Ereignisse in der deutschen Historie zutragen. Das führt dann zwar leider manchmal zu einigen Längen, wenn zu viele historische Fakten zu detailliert geschildert werden, auch wenn diese Informationen natürlich nützlich sind für die zeitliche Einordnung der Romanhandlung. An diesen Stellen wird es etwas trocken, trotz der natürlich hochspannenden damaligen Ereignisse in der Hauptstadt. Dazu liefert der Autor interessante Geschichten aus der Filmbranche, zu der vor allem Carl natürlich den entsprechenden Zugang hat.

Auch gibt es für meinen Geschmack ein paar Zufälle zu viel, die den Protagonisten jeweils im letzten Moment den Hals retten oder sie aus der Patsche ziehen. Artur, der in seiner kriminellen Karriere auch vor Mord nicht zurückschreckt, ist nahezu unfehlbar, wenn es um die Rettung seiner Freunde Carl und Isi geht, stets findet er eine Lösung. Das war mir dann doch ein bisschen zu unrealistisch.

Das mindert jedoch keineswegs das Lesevergnügen dieses Schmökers, den man verschlingt, der vor allem von seinen Figuren lebt. Die nächste Fortsetzung ist bereits geplant, ich werde auch diese wieder sehnsüchtig erwarten und sehr gerne lesen.

Andreas Izquierdo: Revolution der Träume.
DuMont Buchverlag, August 2021.
512 Seiten, Taschenbuch, 16,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Renate Müller.

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