Alexandra Rowland: Der Geschmack von Gold und Eisen

Es ist schon eine Krux, wenn man in der Thronfolge auf Platz drei steht. Die ältere Schwester dient dem Reich als Sultanin, ihre Tochter ist die Thronerbin, ich selbst der Ersatz auf der Auswechselbank.

Allerdings bin ich darüber nicht wirklich böse. Ich bin von eher zurückhaltendem Wesen – so drücken das meine Lehrer zumindest vornehm aus – und wenn ich unter Stress gerate, dann überkommen mich Panikanfälle. Eigentlich bin ich peinlich, unnütz, eine Belastung für das Reich und die Sultanin.

Just, als meine Nichte geboren wird, brechen Unbekannte in das Gildenhaus ein und stehlen wichtige Unterlagen. Der Reichtum unserer Nation ruht auf zwei Säulen – unsere Fähigkeit, als Einzige Schiffe zu bauen, die auch während der Laichzeit der Seeschlangen sicher die Meere überqueren können, und unseres Reichtums der harten Währung. Unsere Münzen haben immer einen Goldgehalt von 986 Teilen puren Goldes – dafür stehen wir mit unserem guten Namen ein.

Als dann plötzlich Fälschungen auftauchen, als gar eine Verschwörung unter den Kahalayar, den verschworenen Leibwächtern der königlichen Familie aufgedeckt wird, muss ich aus meinem Schneckenhaus heraus und mich um die Angelegenheit kümmern. Mir zur Seite stehen mein einstiger Liebhaber und mein neuer Leibwächter, ein junger Mann mit einem Stock im A…., der aber irgendwie doch nett, hübsch und faszinierend ist. Unsere Gegner – nun, noch unbekannt, vielleicht ist gar der Vater meiner Nichte involviert …

Alexandra Rowland hat sich in ihrer Heimat einen Namen damit gemacht, queere Romane zu veröffentlichen. So ist es wenig überraschend, dass auch vorliegend, in ihrer ersten Übersetzung ins Deutsche, schwule Beziehungen im Mittelpunkt der Handlung stehen.

Die Lovestory selbst entfaltet sich zunächst behutsam, fast zögerlich. Hier beschreibt die Verfasserin die Entwicklung der Zuneigung, das Gefühlschaos sehr einfühlsam, wobei mich ihre Darstellung der Panikattacken des Protagonisten fast noch mehr beeindruckt haben. Das hat sie wirklich sehr gut hinbekommen, die Hilflosigkeit, die die artigen Attacken immer für den Betroffenen mit sich bringen, der Versuch, aus dem tiefen Loch herauszukommen, und die Notwendigkeit von Hilfe von Außen darzustellen.

Nach einem durchaus interessant zu lesenden Beginn, in dem sie uns ihre Welt vorstellt, den grundlegenden Konflikt um die Falschmünzerei und deren Bedeutung für das Reich einführt, tritt dies aber ab dem zweiten Drittel des Buches weitgehend in den Hintergrund. Ich könnte auch sagen, Rowland vergisst während ihrer Darstellung der erblühenden Zuneigung der beiden Männer zueinander, uns ihre Geschichte weiterzuerzählen.

Immer mehr rücken die eigentlich durchaus interessanten und wichtigen Geschehnisse um den Verrat in den Hintergrund, werden zu bloßen Beiwerk degradiert. Das ist ungeschickt – um es einmal sehr vorsichtig zu formulieren. Wer also – hauptsächlich – auf eine gefühlvolle Darstellung einer großen queeren Lovestory aus ist, der wird vorliegend gut bedient. Wer allerdings darüber hinaus die Suche nach Motiv, Täter und Aufklärung lesen möchte, der wird leider enttäuscht.

Alexandra Rowland: Der Geschmack von Gold und Eisen
aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Michaela Link
Panini Verlag, April 2024
604 Seiten, Taschenbuch, Euro 20,00

Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.



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