Um es gleich mal vorwegzusagen: würde man diesen knapp 500-Seiten-Roman, „Bissle Spätzle Habibi“ von Abla Alaoui, um 250 Seiten kürzen, er würde nichts einbüßen, dafür aber umso mehr gewinnen. Auch, weil die von Cover und Titel geweckten Erwartungen, einen heiteren, ja komischen Roman um einen Culture Clash zu bekommen, nicht wirklich erfüllt werden.
Amaya ist die mit 30 immer noch unverheiratete Tochter einer in Deutschland lebenden marokkanischen Familie. Ihre Geschwister sind inzwischen verheiratet oder zumindest verlobt, nur bei ihr sieht es in dieser Hinsicht, sehr zum Leidwesen ihrer Mutter, zappenduster aus. Nun soll eine Dating-App helfen, und zwar diejenige für Muslime namens Minder.
Doch deren bedarf es nicht, denn Amaya lernt einen netten Mann kennen, leider weder Marokkaner noch Muslim, sondern ein waschechter Schwabe. Um ihre Eltern nicht zu enttäuschen, präsentiert Amaya jedoch dessen Freund Ismael als den künftigen möglichen Schwiegersohn.
Der Roman beginnt vielversprechend, man lernt die Protagonistin und ihre Familie kennen, die alle sehr sympathisch und liebenswert erscheinen. Die Hauptfigur Amaya liebt ihre Familienmitglieder sehr, allen voran ihren Vater Baba. Dann jedoch ergeht sich die Geschichte in ellenlangen Szenen, in welchen die Figuren unbedeutende Dialoge führen und die Handlung wenig bis gar nicht voranschreitet, Szenen auch, die für den Hauptplot keinerlei Bedeutung zu haben scheinen.
Zu viele Rückblenden
Dies gilt ebenso für die immer wieder, die laufende Handlung unterbrechenden Rückblenden auf die heile und selige Kindheit Amayas. Deren Inhalt, so scheint ist, dazu gedacht ist, die innige Beziehung zwischen Tochter und Eltern, zwischen den Geschwistern, zu untermauern, der aber die eigentliche Handlung in keiner Form voranbringt. Und schließlich gibt es große Zeitsprünge, wird man aus dem Zeitlauf der Handlung herausgerissen und steigt ein Jahr später, ein anderes Mal viele Monate später plötzlich wieder ein.
Wie eingangs gesagt, hätte dem Roman meiner Meinung nach eine entschiedene Straffung sehr gut getan, eine Beschränkung auf den eigentlichen Plot. So gelingt weder die Schilderung eines Culture clashes richtig, denn die Protagonistin ist keinesfalls eine typische Vertreterin ihrer Religion oder Herkunft, noch schafft es die Autorin, den erwarteten Humor in ihrem Roman zu erreichen.
Thematisch vielversprechend, doch stilistisch und inhaltsmäßig enttäuschend.
Abla Alaoui: Bissle Spätzle Habibi.
Ullstein, Januar 2023.
464 Seiten, Taschenbuch, 11,99 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Renate Müller.