Stefanie Höfler: Der große schwarze Vogel

Es ist ein strahlender Oktobertag, als die Mutter des 14-jährigen Bens überraschend tot im Bett aufgefunden wird. Ben beschreibt einige Tage danach, was mit der restlichen Familie – ihm, seinem kleinen Bruder, der liebevoll Krümel genannt wird, dem Vater und der Tante – passiert. Wie ist es, wenn plötzlich die Mutter nicht mehr da ist? Ben muss viel über seine Mutter nachdenken, macht sich aber auch Gedanken, wie es weitergehen soll, wie die Zukunft aussieht ohne sie.

Stefanie Höfler hat einen ruhigen Roman über Trauer geschrieben, der nicht nur etwas ist für junge Leser und Leserinnen ab 13 Jahren, sondern auch Eltern und Erwachsene generell ansprechen sollte. Es sind die leisen Töne, die hier die Musik machen. Ja, man könnte fast sagen, die Autorin schafft es, Bens Sprachlosigkeit in Worten einzufangen. Die Geschichte setzt sehr dramatisch im Moment der versuchten Wiederbelebung von Bens Mutter durch die Sanitäter ein. Ben ist im Nebenraum und hört nur, was passiert. Die Bilder dazu sind aber unweigerlich in seinem Kopf. Die Wohnung ist klein, man kann sich der Situation nicht entziehen. Auch nicht, als die Sanitäter aufgeben und seine Mutter für tot erklärt wird. Als Leser oder Leserin ist man gleich mittendrin statt nur dabei und kann sich – wie Ben – nicht aus dem Staub machen.

Ben erzählt die Tage nach dem Tod der Mutter aus seiner Sicht, immer wieder gibt es aber auch Rückblicke auf Erinnerungen, die er von seiner Mutter hat, als sie noch gelebt hat. Hier wird klar, dass sie eine große Liebe mit ihrer Familie verband, aber auch mit der Natur. Natur, Tiere und Pflanzen sind ein wichtiger Bestandteil des viel zu kurzen Jugendromans. Stefanie Höfel bringt alles in Verbindung und das mit einer sehr poetischen, aber doch für Jugendliche ansprechende Sprache:

„Der Tod ist wie ein Flügelschlag, hatte Ma einmal gesagt. Sie liebte solche Sprüche. Wie der Flügelschlag von einem großen schwarzen Vogel, der vorbeifliegt, und sein Schatten fällt kurz auf den, der zufällig daruntersitzt, und etwas länger auf diejenigen, die vielleicht gerade darum herum sind.“ (Zitat Kapitel „Mittwochvormittag“)

Die Autorin nutzt nur wenige Worte, aber die Botschaft und die teilweise sehr tollen Sätze hallen nach.

Ein ganz besonderer, viel zu kurzer Roman!

Stefanie Höfler: Der große schwarze Vogel.
Beltz & Gelberg, Juli 2018.
182 Seiten, Gebundene Ausgabe, 13,95 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Janine Gimbel.

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