Rosie Walsh: Ein ganzes Leben lang

Mit ihrem Debüt „Ohne ein einziges Wort“ war die englische Autorin Rosie Walsh wochenlang auf den Bestsellerlisten. Es ist zu vermuten, dass auch der neue Roman diese stürmen wird. Vereint er doch alles, was eine anrührende Geschichte ausmacht: Liebe, Verzweiflung, Sehnsucht, Krankheit, Kinder und Tiere.

Emma ist Meeresbiologin, Mutter von Ruby, Ehefrau von Leo und sie leidet an Blutkrebs. Leo, von Beruf Verfasser von Nachrufen, bekämpft seine Sorgen um die geliebte Frau damit, dass er beginnt, einen Nachruf auf sie zu schreiben. Dabei entdeckt er jedoch Dinge aus ihrer Vergangenheit, die sie ihm all die Jahre verschwieg. Das betrifft ihren Universitätsabschluss ebenso wie den Tod ihres Vaters, ihre Ehe und sogar ihren Namen. Leo ist erschüttert und beginnt zu recherchieren, nur um noch tiefer einzudringen in Emmas Geschichte, die sie ihm immer vorenthalten hatte.

Der Roman erzählt die Geschehnisse abwechselnd aus der Sicht von Emma und von Leo sowie auch wiederholt in Rückblicken auf die vergangenen Ereignisse. Zuerst dreht sich die Handlung vor allem um Emmas Krankheit und die neuerlichen Untersuchungen, auf deren Ergebnisse sie ängstlich warten. Diese Wartezeit überbrückt Leo durch das Schreiben von Emmas Nachruf, was er jedoch vor ihr verheimlicht. Daher kann er sie nicht selbst zu Unklarheiten in ihrem Lebenslauf fragen, sondern er sucht in Unterlagen und befragt frühere Kollegen von Emma. Immer mehr kommt dabei heraus, dass sie nicht die ist, für die er sie hielt.

Bei solch einem Plot gibt es naturgemäß reichlich Herzschmerz, viele Tränen und noch mehr Liebesschwüre. Trotzdem empfand ich den Roman nicht als Schnulze, nicht kitschig, auch wenn manche Szenen schon recht rührselig geraten sind. Doch was mir gefiel, war die Vielschichtigkeit der Figuren, deren Handlungen stets aus ihrer Geschichte heraus nachvollziehbar sind. Auch wenn, der Spannung geschuldet, manch ein Umweg auf dem Weg zum Happy End, manch ein Cliffhanger etwas arg konstruiert wirkt, verschlingt man die Seiten geradezu.

Die Autorin thematisiert in ihrem Roman auch nicht nur die Liebe, sondern sie schildert drastisch und fühlbar die Situationen von Müttern, die unter Wochenbettdepression leiden sowie die Probleme aller Beteiligten im Umgang mit Adoptionen. Hinzu kommt besondere Spannung durch das Verschwinden einer Frau aus dem Umfeld der Protagonisten. Überhaupt ist Rosie Walsh ungemein geschickt darin, falsche Fährten auszulegen, die Leserin in die Irre zu führen, die lange denkt, sie ahne, was hinter all der Geheimniskrämerei der Hauptfigur steckt. Doch was schließlich des Rätsels Lösung ist, überrascht dann sehr.

Fazit: ein berührender Liebesroman mit einigem Tiefgang, sicher eher etwas für Romantikerinnen unter den Leserinnen.

Rosie Walsh: Ein ganzes Leben lang.
Aus dem Englischen übersetzt von Stefanie Retterbush.
Goldmann, Juni 2021.
592 Seiten, Taschenbuch, 12,00Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Renate Müller.

Teilen Sie den Beitrag mit Ihren Freunden und Kontakten:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.