Einst, so lange ist es noch gar nicht her, lebten in Vhindona die Menschen und Magiebegabten zusammen und in Frieden in der Stadt. Doch diese Zeiten sind vorbei. Junge Magiebegabte, Quellenkinder genannt, werden gefangen gesetzt und zum verlustreichen Frontdienst verpflichtet, diejenigen, die dies überleben werden in ein Viertel der Stadt abgeschoben, das allein ihnen vorbehalten ist. Seit einigen Jahren sucht eine Mordserie der Stadt heim. Politiker, die die Restriktionen der Magiebegabten verstärken wollen, werden umgebracht, ihnen wird ihr Herz entnommen. Alles sieht nach einem Ritualverbrechen aus.
Aurelia weiß seit einigen Lenzen, dass sie die Gabe, Magie zu wirken, in sich trägt. Von ihren reichen Eltern unter Drogen gesetzt und im Haus weggesperrt, dämmert sie dort vor sich hin – bis ausgerechnet sie Zeugin eines der Morde wird. Niemand zweifelt daran, dass sie selbst unschuldig ist, doch auch die Stellung ihres Vaters als einer der einflussreichsten Bauherren der Metropole können sie nicht davor bewahren, ins Ghetto abgeschoben zu werden. Hier, inmitten mittels Magie belebter Häuser, versucht der Nekromant Marius ihre Kräfte zu kanalisieren und sie auszubilden – bis der drohende Bürgerkrieg sie einholt …
Was ist das für ein Erstling, den die in Wien ansässige Autorin uns bei Knaur präsentiert? Fantasy, aber ohne großes Schwertgefuchtel oder Zaubersprüche, Magie und doch auch ein Sittengemälde einer faszinierenden Stadt und deren Bewohner. Zu Unrecht bislang unter dem Radar ist der Roman bislang weitgehend unbeachtet geblieben. Dabei hat dieser alles, was für packende Lesestunden birgt. Bardilac inkludiert, versteckt und doch deutlich, nicht nur ernste Themen wie die Gleichberechtigung von Mann und Frau, Ausgrenzung sozialer Randgruppen, Akzeptanz Fremder und die selbstverständliche Darstellung gleichgeschlechtlicher Beziehungen, sie fasziniert auch mit schillernden Charakteren.
Endlich einmal bekommen wir nicht die so üblichen Verdächtigen – also Vampire und / oder Werwölfe angeboten, statt dessen Alchymisten (kein Schreibfehler), Futurixe (Orakel), Naturmagier und Totentänzer (Nekromanten) – das ist spannend einfach schon, weil es in seiner Ausgestaltung so ungewöhnlich ist. Und sie alle, inklusive des magielosen ermittelnden Oberspähers, sind faszinierende Figuren voller Geheimnisse, Heimsuchungen und Offenbarungen. Sie, die Gestalten, egal ob magisch begabt oder magielos, tragen die Handlung, ziehen uns in diese und lassen uns die Seiten umblättern. Mit dem Ghetto, und nichts Anders ist das Viertel, in dem die Magiebegabten eingeschlossen werden, und seinen Bewohnern hat uns die Autorin zudem einen Ort gegeben, der höchst real und doch zauberhaft wirkt. Hier leben, träumen und arbeiten Menschen – und es ist egal, wie sie aussehen, sich kleiden oder woher sie kommen.
Das ist innovativ, stilistisch ansprechend und vom Plot her packend – bitte mehr davon!
Eleanor Bardilac: Knochenblumen welken nicht.
Knaur, Juli 2021.
400 Seiten, Taschenbuch, 12,99 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.