Ronald Reng: Er kenne Herrn Benz nicht, sagt Herr Daimler

Mit „Er kenne Herrn Benz nicht, sagt Herr Daimler“ legt Ronald Reng einen historischen Roman vor, der die Geschichte zweier deutscher Pioniere erzählt: Carl Benz und Gottlieb Daimler. Unter dem etwas sperrigen Titel schildert der renommierte Sportreporter und Autor, wie zwei Tüftler Ende des 19. Jahrhunderts unabhängig voneinander am gleichen Ziel arbeiteten – der Entwicklung eines motorisierten Fahrzeugs, das nicht länger von Pferden gezogen werden musste.

Inhalt und Aufbau

Der Roman beginnt im Juli 1886, als Carl Benz in Mannheim die erste Autofahrt der Geschichte unternimmt. Zeitgleich, im entfernten Cannstatt, verkündet Gottlieb Daimler stolz, ebenfalls das Automobil erfunden zu haben. Die beiden Männer kennen sich nicht persönlich, betrachten einander aber bald als Rivalen. Nichts deutet zu diesem Zeitpunkt darauf hin, dass sich ihre Unternehmen Jahrzehnte später zur Daimler-Benz AG zusammenschließen werden.

Reng verwebt in seinem Roman historische Fakten mit fiktiven Elementen. Er lässt die Leser an den kleinen und großen Momenten der Erfinder teilhaben: an den mühseligen Versuchen, Motoren zum Laufen zu bringen, an den familiären Szenen mit Bertha Benz und den Kindern, an den ersten Fahrten im Morgengrauen durch menschenleere Straßen – stets begleitet von der Skepsis und dem Spott der Zeitgenossen.

Charakterzeichnung und Stil

Auffällig ist, dass Reng seine Hauptfiguren nicht als überhöhte Genies oder Visionäre zeichnet. Stattdessen beschreibt er Benz und Daimler als etwas schrullige, grummelige Typen, die in ihren Werkstätten oft mehr als Bremser denn als Antreiber auftreten. Sie wirken in ihrer Sturheit und Eigenbrötelei fast wie Anti-Helden. Gerade unter diesen Umständen erscheint es fast wundersam, dass ihre Erfindungen dennoch einen weltweiten Siegeszug antreten konnten.

Der Stil des Romans ist über weite Strecken an eine Aneinanderreihung von Anekdoten. Reng erzählt in kurzen Szenen. Ein klassischer Spannungsbogen fehlt weitgehend – stattdessen lebt das Buch von den atmosphärischen Momentaufnahmen und der lebendigen Darstellung des 19. Jahrhunderts.

Historische Genauigkeit und Faktencheck

Reng bleibt in der Darstellung der historischen Rahmenbedingungen nah an den belegten Fakten: Die Rivalität, die gegenseitige Unkenntnis und das parallele Streben nach technischer Innovation sind gut recherchiert. Dennoch nimmt er sich Freiheiten in der Charakterzeichnung und bei einzelnen Episoden, was dem Roman einen unterhaltsamen, aber nicht immer dokumentarisch exakten Ton verleiht. Ein vertiefender Faktencheck zu einzelnen Szenen wäre durchaus spannend, um Fiktion und Realität noch klarer zu trennen.

Fazit

„Er kenne Herrn Benz nicht, sagt Herr Daimler“ ist ein lesenswerter historischer Roman, der die Anfänge des Automobils aus einer ungewöhnlichen Perspektive beleuchtet. Ronald Reng gelingt es, die Atmosphäre einer Zeit des Umbruchs einzufangen und zwei widersprüchliche Charaktere in den Mittelpunkt zu stellen, deren Erfindungsgeist – trotz aller Widerstände – die Welt veränderte. Wer sich für Technikgeschichte, das 19. Jahrhundert oder einfach für gut erzählte Geschichten interessiert, wird an diesem Buch viel Freude haben.

Ronald Reng: Er kenne Herrn Benz nicht, sagt Herr Daimler
Piper, Mai 2025
272 Seiten, gebundene Ausgabe, 22 Euro

Diese Rezension wurde verfasst von Andreas Schröter.

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