Auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis 2015 steht auch Rolf Lapperts „Über den Winter“. Der 1958 geborene Schweizer schreibt darin über den Künstler Lennard Salm, der von einem nicht näher benannten Ort irgendwo im Süden widerwillig zu seiner Familie nach Hamburg zurückkehrt, um an dem Begräbnis seiner Schwester teilzunehmen. Doch dann bleibt er länger als geplant und richtet sich nach und nach in der Situation ein.
Lapperts Erzählstil passt zum ruhigen Cover dieses Buches. Der Autor nimmt sich jede Menge Zeit auch für kleinste Details und schreckt auch vor längeren Beschreibungen von Landschaften oder Wohnungseinrichtungen nicht zurück.
Gerade zu Beginn wirkt das mitunter langatmig, und man muss als Leser etwas kämpfen, um bei der Stange zu bleiben.
Hinderlich für den Lesegenuss ist auch, dass die Hauptfigur, die im Buch meist nur als „Salm“ vorkommt, nur bedingt als Identifikationsfigur taugt. Salm ist meist übel gelaunt, kommt zu spät oder gar nicht zu Verabredungen und ist mundfaul. Man hat zuweilen den Eindruck, dass ihm das, was in seiner Umgebung passiert, weitgehend egal ist.
In der zweiten Hälfte nimmt der Roman zwar deutlich an Fahrt auf, aber insgesamt bleibt der Eindruck einer durchgängigen Humor- und Freudlosigkeit, einer gewissen Dröge und Zähigkeit. Typische Deutsche-Buchpreis-Literatur könnte man etwas überspitzt fast sagen.
Weil der Autor meist nur die Geschehnisse beschreibt, aber zu selten in die Köpfe der Figuren eintaucht, bleiben die für den Leser seltsam distanziert. Der Handlungsablauf wirkt zufällig und ergibt kaum ein geschlossenes Ganzes.
Rolf Lappert: Über den Winter.
Hanser, August 2015.
384 Seiten, Gebundene Ausgabe, 22,90 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Andreas Schröter.