Pulitzer-Preisträger Richard Russo hat ein Buch mit vier Erzählungen geschrieben, in denen Akademiker im Mittelpunkt stehen, die bereits etwas älter sind. Sie müssen feststellen, dass sie ihr Plus an Lebenserfahrung nicht davor bewahrt, Rückschläge einzustecken. Eine Uni-Dozentin sieht sich mit einem Plagiatsfall konfrontiert, ein Immobilienmakler ist an Krebs erkrankt und ein Drehbuchautor wird von der Filmbranche böse hintergangen.
Die längste Geschichte handelt von einem Englisch-Professor, der sich in Venedig verliert. Diese Geschichte, die womöglich die stärkste im ganzen Buch ist, hat Parallelen zu der berühmten Thomas-Mann-Novelle „Der Tod in Venedig“. Unser Held hat Schwierigkeiten mit seinem Handy, er verirrt sich und weiß nicht recht, wie er mit den Avancen einer Frau umgehen soll, die zu seiner Reisegruppe gehört. Außerdem schwelt seit Jahren ein Streit mit seinem Bruder, einem vorlauten, redewandten, aber oberflächlichen Mann, der somit das genaue Gegenteil der in sich gekehrten Hauptfigur ist. Dieser Gegensatz taucht auch noch in anderen Geschichten auf.
Insgesamt ein gutes Buch, wenn auch nicht ganz so spektakulär wie Russos hochgelobter Roman „Ein Mann der Tat“ aus dem Jahr 2017.
Richard Russo: Immergleiche Wege.
DuMont Buchverlag, Mai 2018.
304 Seiten, Gebundene Ausgabe, 23,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Andreas Schröter.