Richard Kadrey: Höllenthron

Hallo, ich bin James Stark. Einst, so lange ist das noch gar nicht her, war ich die ersten lebende Seele, die in die Hölle versetzt wurde – als Nephilim – Sohn eines Engels und einer Frau – bringt einen das nicht um. In der Unterwelt habe ich mir einen Namen gemacht – Sandman Slim hieß ich, habe in der Arena im Kampf gegen jede Menge Höllengezücht ein wenig aufgeräumt mit den Einwohnern. Dann gelang mir als Erstem die Flucht zurück. Jetzt bin ich wieder in Los Angeles – der Stadt der Engel.

Dumm dann, dass Luzifer – ja, der, der umgangssprachlich immer als Teufel beschrieben wird – wieder an der Seite Gottes weilt und ausgerechnet mein Todfeind, Verursacher meines damaligen Absturzes in die Unterwelt, sich zum Herrn der Hölle aufgeschwungen hat. Und er hat einen Plan – er will den Himmel angreifen und Gott durch sich selbst ersetzen.

Könnte mir am A…. vorbeigehen, wenn er nicht auch noch die Seele der Liebe meines Lebens einkassiert und im Eleusis mitten in der Hölle gefangen gesetzt hätte.

Also bin ich wieder mit im Boot – reise erst mal ein Stockwerk tiefer und versuche mich in dem, was die Hölle geworden ist, seitdem ich sie verlassen habe, zurechtzufinden – was wahrlich nicht einfach ist. Zum Glück konnte ich mir einen Führer gefügig machen – gestatten Jack, ja der Ripper …

Ungewöhnliche Urban-Fantasy-Reihe

Zum dritten und leider voraussichtlich letzten Mal hebt sich der Vorhang zu einer der ungewöhnlichsten Urban Fantasy-Reihen. Im Original sind es genau ein Dutzend Romane um Sandman Slim geworden, in der Vorschau bei Blanvalet sind keine weiteren Bände angekündigt, sodass wohl davon auszugehen ist, dass der Leserzuspruch eher übersichtlich ausfiel und die Reihe still beerdigt wird. Zudem hat man mit Jackas „Alex Verus“ und Butchers „Harry Dresden“ bereits zwei andere, sehr gut laufende Urban Fantasy Zyklen im Portefeuille.

Nun ist dies auch so eine Sache – der Inhalt ist sicherlich nicht jedermanns Geschmack. Zynisch, so könnte man unseren Protagonisten zurückhaltend beschreiben – da wird schon deftig vom Leder gezogen, geht es gewaltsam zu. Das Besondere ist neben dem so einzigartigen Erzähler auch die beschriebene Welt – das Los Angeles der Jetztzeit, Seitenhiebe auf den American Way of Life, auf gesellschaftliche Missstände und den Zustand der westlichen Zivilisation im Allgemeinen.

Alle bekommen Fett weg

Ergänzt wird dies durch Kadreys ganz eigene Darstellung der Nachwelt(en) und deren Bewohner. Religion, Engel, Teufel und die Herrscher oben wie unten bekommen ihr Fett ab, dass es eine wahre, blasphemische Freude ist. Die Logik bleibt außen vor, die Achterbahnfahrt der aneinander gereihten Actionszenen in so gar nicht malerischer Kulisse nimmt dem Leser förmlich den Atem, man kommt kaum hinterher, die Seiten umzublättern, um zu erfahren, was der Verfasser sich für uns noch so alles an Merkwürdigkeiten und Skurrilitäten hat einfallen lassen. So wird auch dieser Roman die Leser wieder teilen wie einst Moses das Meer – dort diejenigen, die entsetzt ob der Blasphemie, der Gewalt die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, dort die Fans, die bestens, packend und rasant unterhalten werden. Ich zumindest finde es sehr schade, dass die anderen Teile wohl nicht mehr erscheinen werden.

Richard Kadrey: Höllenthron
aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Bastian Ludwig
Blanvalet, April 2023
540 Seiten, Taschenbuch Euro 12,00

Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.

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