Im Roman von Pierre Martin wohnt und ermittelt Madame le Commissaire Isabelle Bonnet in der Provence. Im kleinen Dorf Fragolin wird eines Tages bei Abbrucharbeiten ein eingemauertes Skelett gefunden. Weil der Schädel ein Loch aufweist, deshalb von einem Gewaltverbrechen auszugehen ist, und weil Isabelle im wahrsten Sinn des Wortes nichts anderes zu tun hat, macht sie sich auf die Suche nach dem Mörder. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Apollinaire verfolgt sie die dürftigen Hinweise, die Licht in diese düstere Sache bringen könnten.
Bei dem Skelett handelt es sich um die Überreste eines Mannes, dem an der rechten Hand ein Finger fehlt und der vor mehr als zehn Jahren gestorben sein muss. Wer ist der Tote und wer hat ihn warum umgebracht? Schnell rückt der letzte Besitzer des Hauses in den Fokus, der wegen Betrügereien hinter Gittern sitzt. Der kann es aber aus diversen Gründen nicht gewesen sein und Isabelle konzentriert sich auf die Vorbesitzer, auf Marcel und Josephine Chavan. Marcel ist vor rund zehn Jahren spurlos verschwunden. Er war ein notorischer Schürzenjäger und hatte ständig diverse Liebschaften. Mit der letzten hat er sich in die Karibik abgesetzt, nachdem er seiner Gattin Josephine einen Brief und seinen Ehering daheim gelassen hat.
Die verlassene Josephine wohnt seither bei ihrer Schwester Sandrine. Parallel zu diesem Handlungsstrang erfährt der Leser allerlei über Isabelles Privatleben. Es erreicht sie ein Anruf aus Marrakesch. Ihr Freund Nicolas steckt in Schwierigkeiten. Er sitzt wegen Drogenhandels im Gefängnis. Isabelle eilt nach Marokko, um ihn mit Hilfe mehrerer Bekannter aus seiner misslichen Lage zu befreien, denn er hat sich nichts zu Schulden kommen lassen. Nicolas ist ein weltweit bekannter Maler, der unter dem Pseudonym CLAC arbeitet.
Es gibt für Isabelle einige gefährliche Situationen zu bewältigen und falsche Spuren zu enttarnen, aber letztendlich lüftet sie die Geheimnisse hinter der „Mauer des Schweigens“ genau so souverän, wie die neun anderen Fälle aus dieser Krimi-Reihe. Die früheren Bücher muss man übrigens nicht kennen, um sich sofort zurechtzufinden. Am Ende platziert der Autor einen raffinierten Cliffhanger, der neugierig macht auf den nächsten Band.
Fazit: Ein schlüssiger, gemächlicher Krimi mit exakt gezeichneten Figuren. Empfehlenswerte Sommerlektüre.
Pierre Martin: Madame le Commissaire und die Mauer des Schweigens. Ein Provence-Krimi.
Knaur, Mai 2023.
368 Seiten, Taschenbuch, 11,99 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Karina Luger.