Dem Flüchtlingsthema widmet sich der österreichische Schriftsteller Norbert Gstrein in seinem Roman „Die kommenden Jahre“. Doch es geht in diesem Buch um mehr. Natascha, eine wortgewandte und den Menschen zugetane Autorin, lässt eine syrische Flüchtlingsfamilie in einem Sommerhaus wohnen, das sie und ihr Mann Richard an einem abgelegenen See besitzen. Doch während sie – schon auf fast verbissene Weise – alles dafür tut, es den Neuankömmlingen so einfach wie möglich zu machen, sich in ihrer neuen Umgebung einzuleben, kapselt sich Richard immer mehr ab. Er ist ein Gletscher-Forscher und träumt davon, mit seinem Freund Tim in Kanada seinen eiskalten Forschungen nachzugehen.
Die Anwesenheit der syrischen Familie macht etwas deutlich, das vielleicht schon viel länger unter der Oberfläche schwelt: Natascha und Richard passen nicht zusammen. Sie unternimmt immer mehr mit dem Vater der syrischen Familie, er ist wieder mehr an einer alten Freundin interessiert, die ebenfalls als Gletscher-Forscherin arbeitet.
Man fragt sich beim Lesen von „Die kommenden Jahre“ mit fortschreitender Seitenzahl immer mehr, worauf dieser Roman eigentlich hinauswill. Und der Text beantwortet diese Frage auch bis zum Ende hin nicht ausreichend. Geht es darum zu zeigen, dass zwei Menschen mit unterschiedlichen Charaktereigenschaften und unterschiedlichen Interessen eben doch nicht so gut zusammenpassen? Das wäre banal.
Will der Autor sagen, dass sich Menschen aus fremden Ländern nicht so leicht in der österreichischen Einöde integrieren lassen, wie manche Gutmenschen glauben? Das wäre politisch fragwürdig und nahe an einem gefährlichen rechtspopulistischen Gedankengut.
An unserem See kommt es zu Schwierigkeiten. Die Nachbarn reagieren reserviert auf die Neuankömmlinge, und eine Gruppe von Jugendlichen kommt dem Haus immer wieder bedrohlich nahe. Auch eine Lesung, die Natascha gemeinsam mit dem Flüchtlingsvater abhält, geht schief.
Letztlich bleibt die Aussage dieses Romans genauso diffus wie seine Figuren. Nicht zu empfehlen.
Norbert Gstrein: Die kommenden Jahre.
Hanser, Februar 2018.
288 Seiten, Gebundene Ausgabe, 22,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Andreas Schröter.