In diesen Zeiten fühle ich mich in der Welt so, als wäre ich ein Protagonist eines Science-Fiction Romans, den ich vor 40 Jahren gelesen habe und wahrscheinlich damals ungläubig zur Seite gelegt habe. Es gab schon immer „Seher“ im Bereich der Fiktion, die eine beängstigende Zukunft in ihren Romanen auf den Schirm hatten. Romane wie „Die Straße“(McCarthy) oder „Nachricht an alle“ (Kumpfmüller) oder „Die Memoiren einer Überlebenden“ (Doris Lessing) sind so Fälle. Auch „Exit west“ reiht sich hier ein. Wir befinden uns, ohne dass es um Datierungen und geographische Erkenntnisse geht, wohl in einem muslimischen Land, etwa Aleppo oder Mossul. Jene Orte, die man nur noch verdrängen will, aber die als gespenstische Ruinen noch existieren. Hier lernen sich Nadja und Saeed in den Anfangswirren eines kommenden Bürgerkriegs kennen. Sie, eine aufgeklärte, wenig religiöse, taffe Frau, die mit ihrer Familie gebrochen hat und einen guten Lebensentwurf hat. Er lebt noch bei den Eltern, nimmt seine religiösen Pflichten sehr ernst und ist, verrückt genug, in dieser untergehenden Stadt in einem Marketing Unternehmen beschäftigt. Kurz und gut – es wird immer schlimmer, aber sie lieben sich, und sie beschließen die Flucht, um eine gemeinsame Zukunft irgendwo zu finden und zu leben.
Jetzt beginnt das Besondere an diesem Roman. Die Flucht, der Weg, das Grauen auf irgendwelchen Meeren in übervollen Booten, ist nicht das Thema. Der Autor nimmt hier den philosophisch zu begreifenden Begriff der „Tür“. Man geht durch eine Tür und ist auf einmal irgendwo angekommen. In früheren Science-Fiction Romanen ist der Fachbegriff dafür „Teleportation“. Oder eben im Film „beamen“. Sich entmaterialisieren und in einer Gleichzeitigkeit woanders wieder auftauchen. Und erst dann setzt sich alles fort. Das Leben als Geduldete, als Gejagte die sich in „der Fremde“ behaupten müssen.“ Diese „Türen“ behalten weiter Gültigkeit und es kommt bei Nadja und Saeed auch zu einem Leben, welches sie auseinanderführt. Sie gehen eben durch unterschiedliche Türen. Sie sind in England oder in Kalifornien, gehen sogar mal „zurück“.
Aber der überaus poetische Roman entlässt uns nicht hoffnungslos. Es scheint sich in ferner Zukunft, nach dem die Flucht – und Völkerwanderung sich langsam beruhigt hat, zu einem Agreement zu kommen. Die Vernunft siegt. Das neue Zusammenleben der Völker kann beginnen. Möge der Autor recht haben. Ich bin skeptisch! Ein guter wichtiger Roman!
Mohsin Hamid: Exit West.
DuMont Buchverlag, August 2017.
224 Seiten, Gebundene Ausgabe, 22,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Fred Ape.