Es handelt sich hier zweifellos um einen historischen Roman, auch wenn er mit so ziemlich allen Konventionen bricht, die sich für den historischen Roman eingebürgert haben. Herausgekommen ist ein richtig spannendes Buch, das sich unglaublich flüssig wegliest.
Gebrochene Konvention Nummer 1: Handlungsort New York. Da spielen nicht unbedingt die klassischen historischen Romane, wenn schon Amerika dann aber doch bitte mit Cowboys oder doch wenigstens mit Bürgerkriegshelden und der Sklavereiproblematik. Nichts von alledem kommt in diesem Buch vor, dafür bekommt der Leser einen liebevollen und detailreichen Einblick in das New Yorker Leben des Jahres 1845. Schon im Klappentext steht, dass es um mehrfachen Kindermord geht und nach den ersten Seiten glaubt man durchaus, dass es in dieser Stadt zu dieser Zeit einen Serienkiller geben könnte, der es auf Kinder abgesehen hat.
Gebrochene Konvention Nummer 2: Der Hauptheld ist ein Mann – und noch nicht mal ein Cowboy. Timothy Wilde ist Barmann und vom Leben durchaus gezeichnet. Ein weiterer Großbrand in seinem direkten Umfeld bringt ihn dazu, einer der ersten New Yorker Polizisten zu werden und dabei ist er richtig gut. Frauen kommen auch vor – schließlich geht es auch um Hurenhäuser – manchmal sind sie auch hilflos. Aber ihnen fehlt jener von der Autorin hineingeschriebene Freiheitsdrang, der sie der modernen Leserin näher bringen soll und der dennoch oft künstlich wirkt. Genauso wie dem Protagonisten jede falsche Ritterlichkeit fehlt – die auch niemand wirklich vermisst.
Gebrochene Konvention Nummer 3: Sie heiraten am Ende nicht. Niemand heiratet hier, nicht alle sind wirklich glücklich und trotzdem hat das Buch ein würdiges Ende.
Gebrochene Konvention Nummer 4: Kinder sind nicht entweder hilflose Spielbälle der politischen Ambitionen der Erwachsenen oder so pfiffig, dass einem davon schlecht werden kann. Kinder sind Kinder, manchmal werden sie herumgeschubst, manchmal missbraucht, nicht immer können sie sich wehren. Außerdem handelt es sich um ein Buch über eine Kindermordserie, deswegen sterben sie auch hin und wieder.
In diesem Buch ist wenig so, wie es am Anfang scheint. Gut und Böse an sich sind zwar recht klar definiert (auch wenn die Grenze im katholisch-protestantischen Streit manchmal zu verschwimmen scheint), aber die Guten und die Bösen kristallisieren sich erst langsam vor den Augen des staunenden Lesers heraus – und oft genug ist alles ganz anders, als es scheint.
Fazit: Ein faszinierender Auftakt zu einer geplanten Serie,auf deren nächsten Teil ich schon sehr gespannt bin. Ich bin sicher, New York gehen die Verbrecher so schnell nicht aus.
Lyndsay Faye: Der Teufel von New York.
dtv, März 2014.
480 Seiten, Taschenbuch, 15,90 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Regina Lindemann.