Klaus-Peter Wolf: Ein mörderisches Paar: Der Sturz

Sage und schreibe 19 Ostfriesenkrimis gibt es bereits (neben einem guten Dutzend Ablegern) und nun auch den dritten Teil der Sommerfeldt-Reihe – mit den bekannten Figuren, Schauplätzen und Handlungsmustern.

Dem Gentleman-Mörder und Leiter einer Klinik für plastische und ästhetische Chirurgie, Dr. Bernhard Sommerfeldt, wollen alle an den Kragen. 10 Millionen sind auf seinen Kopf ausgesetzt, was verständlicherweise die Crème der Auftragskiller auf den Plan ruft. Einzig das Trio Ann-Kathrin Klaasen, Frank Weller und der notorische Rupert, die Kriminalpolizei also, ist auf seiner Seite, schließlich killt er ›die Richtigen‹ und versorgt die ostfriesischen Ausnahmeermittler mit den Tipps, die ihnen Erfolge garantieren. Meistens jedenfalls.

Sommerfeldt und seine Frau Frauke sind also auf der Flucht und, wie man sie halt kennt, sind sie dabei durchaus guter Dinge und immer für eine Überraschung gut. Wird es die beiden erwischen? Werden sie entkommen? Glückliche Mörder-Rentner werden?

Genaugenommen interessiert das nicht, denn eines ist Klaus-Peter Wolfs 33. Ostfriesenkrimi definitiv nicht: spannend.

In den ersten Bänden spielte der konkrete Kriminalfall neben den skurrilen Charakteren und ihren schlagfertigen Dialogen eine zentrale Rolle. Täter wurden einfühlsam und nachvollziehbar beschrieben, die Ver- und Entwicklungen fesselnd geschildert. In »Der Sturz« ist der Fall, wenn man es überhaupt so nennen kann, nur noch Beiwerk. In einer letztlich zerfasernden Handlung reiht Wolf eher willkürlich eine abgedrehte Situation an die andere, ohne auch nur im Geringsten Spannung zu erzeugen. Es wäre für den Lesenden auch müßig, sich Gedanken darüber zu machen, warum dieses oder jenes geschieht oder wie sich der Plot entwickeln könnte, da ohnehin jederzeit alles passieren kann – von logischen oder einleuchtenden Dingen abgesehen.

Das Ende hingegen ist durchaus logisch, allerdings Wolf-typisch, und soll an dieser Stelle natürlich nicht enthüllt werden.

Wie eigentlich alle Serien leidet auch dieser Ostfriesenkrimi unter dem unweigerlichen Verschleiß der Figuren und des Konzepts. Absurde Situationen und unkorrekte Charaktere spielten immer eine zentrale Rolle, machten einen großen Reiz aus und sorgten für jede Menge Lesespaß. Mittlerweile aber sind die Hauptfiguren zu Stereotypen, wenn nicht Karikaturen ihrer selbst geworden. Auch das restliche Personal kommt nicht über die sattsam bekannten Klischees hinaus. Die vermeintlichen Profis vom BKA sehen konstant dumm und alt aus, der Ermittler der Inneren glänzt einzig mit dem geräuschvollen Knacken von Bonbons, und überhaupt handelt es sich schlicht, wie Rupert nicht müde wird zu wiederholen, um veritable »Luftpumpen«.

Auch diesmal gibt es herrlich absurde Situationen, etwa wenn Mörder und Opfer ganz entspannt bei Grauburgunder und gegrilltem Fisch über die zur Auswahl stehenden Todesarten plaudern. Sie bleiben aber seltene Ausnahmen. Meist geht es nicht witzig absurd zu, sondern abstrus, grotesk und oft schlicht albern. Was als humorige, auch mal slapstickartige Einlage durchgehen mag (wie die Entsorgung einer Leiche), wird ermüdend, wenn es zum alleinigen, zum dominierenden Prinzip wird.

Vom viel gerühmten ostfriesischen Lokalkolorit ist ebenfalls nicht viel übrig geblieben – obwohl Tee getrunken wird. Außerdem erfahren wir, dass es nachts »stockfinster in Ostfriesland« sein kann, es aber auch »nachtblaue, helle Nächte« gibt. Erhalten geblieben ist selbstredend die lokalpatriotische Werbung für das Café, dessen Name nicht auch hier noch genannt wird. Selbstredend kommt auch sein Besitzer zu einem Auftritt.

Eingefleischte Ann Kathrin, Weller- und vor allem Rupert-Fans werden auch diesmal sicher auf ihre Kosten kommen. Freunde der ersten Bände dürften enttäuscht sein. Nach so langer Zeit und so vielen Geschichten, denke ich, wird es Zeit für Wolf, sich etwas Neues auszudenken. Bei seiner Fantasie dürfte ihm das nicht schwerfallen.

Klaus-Peter Wolf: Ein mörderisches Paar. Der Sturz.
S. Fischer Verlag, Mai 2025.
423 Seiten, Taschenbuch, € 14.00.

Diese Rezension wurde verfasst von Wolfgang Mebs.

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