Eine blutende Kopfwunde unter einem Stirnband versteckt, zerschunden und zerkratzt, so kommt Marie in Tirol an und macht sich mitten in der Nacht auf den Weg zu ihrer Cousine Johanne, die als Eremitin auf einer Alm lebt. Johanna, wortkarg und ihr ganzes Leben lang „komisch“, weil sehr naturverbunden und immer dreckig, nimmt Marie widerwillig auf, weil sie bei Instandsetzungsarbeiten an ihrer Hütte gerade Hilfe gebrauchen kann. Nach einer Weile aber ist alles erledigt und Marie soll wieder verschwinden. Die allerdings hat ein Problem. Ihr Ehemann in Wien schlägt sie und man weiß, Marie hat ein Verbrechen begangen und wird polizeilich gesucht. Um welches Verbrechen es sich handelt, das erfährt man erst am Ende des Buches. In einer Sturmnacht erzählen einander die Cousinen, ihre Mütter sind eineiige Zwillinge, die Katastrophen aus ihrem Leben, die sie geformt und deformiert und zu dem gemacht haben, wie und was sie jetzt sind.
Kaum jemand kann traurige, aufwühlende Ereignisse mit so viel Witz erzählen, wie Katharina Köller. Verwahrlosung in der Kindheit, häusliche Gewalt, Tierquälerei, alles Themen, die hier mit leichter Feder beschrieben und „verdaubar“ werden, weil die Autorin sie mit Witz bricht. Keine leichte Kost, aber auch kein Buch, das man erschüttert weglegt. Ein interessanter Text und für nicht allzu zart Besaitete durchaus lesenswert.
Katharina Köller: Wild wuchern. Roman.
Penguin Verlag, Februar 2025.
203 Seiten, Hardcover, 19,99 €.
Diese Rezension wurde verfasst von Karina Luger.