Ein richtig gutes Buch kommt aus Frankreich: „Die Gierigen“ von Karine Tuil, einer 1972 geborenen Autorin, die in Paris lebt. Es handelt von der Dreiecksgeschichte um Nina, Samuel und Samir: In Studienzeiten sind die Drei unzertrennliche Freunde. Nina und Samuel sind ein Paar – doch dann beginnt Samir eine leidenschaftliche Affäre mit Nina, und die Freundschaft zerbricht.
20 Jahre später – Nina und Samuel haben sich mittlerweile versöhnt – sehen die beiden Samir im Fernsehen wieder, zu dem sie Jahrzehnte keinen Kontakt hatten: Er ist Staranwalt in New York geworden. Die beiden können sich eines gewissen Neides nicht erwehren, denn sie selbst leben immer noch in Armut.
Weitere Recherchen ergeben, dass Samir, der aus ärmlichsten Verhältnissen stammt, dafür einen teuren Preis zahlen musste: Er verleugnet seine arabischen Wurzeln und gibt Samuels Lebenslauf teilweise als den eigenen aus – bis hin zu seinem Namen, denn Samir lässt die beiden letzten Buchstaben weg, nennt sich Sam und behauptet, das sei die Abkürzung von Samuel. Damit macht er seine Mitmenschen glauben, er sei jüdischer Abstammung.
Karine Tuil ist ein spannender, intensiver, erotischer und vielschichtiger Roman gelungen. Erfolg und Misserfolg wechseln genauso mehrfach die Seiten wie Gut und Böse.
Fragen wie: „Welchen Preis bin ich für den Erfolg bereit zu zahlen“ werden genauso erörtert wie die Regeln der sexuellen Anziehungskraft zwischen Mann und Frau oder das in Frankreich präsente Thema „Unterdrückung von arabischen Migranten“.
Als die Al-Qaida, der Terrorismus und die amerikanischen Verhörmethoden die Bühne betreten, könnte man fast meinen, es werde zu viel, doch auch dieser Abschnitt fügt sich hervorragend ins Gesamtgeschehen ein.
Karine Tuil: Die Gierigen.
Aufbau, August 2014.
479 Seiten, Gebundene Ausgabe, 19,95 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Andreas Schröter.