Die Geister der Toten sind auf die Erde zurückgekehrt. An dem Ort, an dem sie starben, steht ihr leuchtendes Abbild und macht – nichts. Es geschieht zwar plötzlich, aber nicht auf einmal. Vor einigen Jahren tauchten die Geister derjenigen auf, die gerade gestorben waren. Und von diesem Zeitpunkt erscheinen die Geister sowohl der seitdem Verstorbenen als auch die Geister derjenigen, die in der gleichen Zeit VOR dem Zeitpunkt verstorben sind. Es werden also minütlich mehr und es ist kein Ende abzusehen.
Rains Eltern starben bei einem ungeklärten Flugzeitabsturz. Drei Jahre nach Auftreten des Phänomens reist sie mit ihrer kleinen Schwester an die Absturzstelle mitten in Spaniens Wüste. So weit weg von der Zivilisation wie man in Europa nur sein kann, scheint ihnen eine wichtige Information entgangen zu sein. Denn als die Geister des Absturzes auftauchen, stehen sie nicht nur einfach herum. Sie lächeln. Und jeder in ihrem direkten Umkreis stirbt. Gerettet werden die beiden von dem Norweger Tyler, der sich hier von seiner ebenfalls abgestürzten Freundin verabschieden wollte.
Aber etwas stimmt nicht an der Absturzstelle. Es sind zu wenig Geister. Tylers Freundin ist nicht dabei. Gemeinsam kommen die Drei der Ursache für die Geister auf die Spur. Und der Grund für ihr Erscheinen liegt weder in Gottes Strafe noch in einem zerstörten Nirwana – er liegt einzig und allein in Menschenhand.
Das hat mir an dem durchweg spannenden Buch am Besten gefallen: Dass es am Ende eine Erklärung gibt, dass es vorher aber jede Menge philosophische Überlegungen zum Hintergrund der Geistererscheinungen gibt.
Kai Meyer beherrscht es perfekt, die Spannung am Anfang des Buches aufzubauen und bis zum Ende aufrechtzuerhalten. So erfährt man sehr früh, dass Rain ein sehr traumatisches Erlebnis in Afrika hatte, aber erst am Ende, worum es eigentlich ging. So puzzelt sich nach und nach ein Stück ins andere und die Geschichte wird rund. Man sollte sich also den Abend freihalten, wenn man mit diesem Buch beginnt.
Kai Meyer: Phantasmen.
Carlsen, März 2014.
400 Seiten, Gebundene Ausgabe, 19,90 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Regina Lindemann.