Jamie Ford: Die chinesische Sängerin

chinaSeattle, 1934: Als der 12-jährige Waise William ein Plakat von der Schauspielerin und Sängerin Willow sieht, traut er seinen Augen kaum. Das ist seine Mutter! Das muss sie sein! Gemeinsam mit seiner blinden Freundin Charlotte setzt er alles daran, die Frau zu treffen. Doch das ist gar nicht so einfach. Das Sacred Hearts-Waisenhaus muss man erstmal hinter sich lassen. William beginnt eine Reise in seine eigene Vergangenheit und deckt Vieles auf.

Ein Waise heißt in der Geschichte nicht zwangsläufig, dass beide Elternteile verstorben sind. In den meisten Situationen, die im Roman geschildert werden, konnten die Eltern sich entweder nicht mehr um das Kind kümmern oder sie wollten es nicht mehr. Charlottes Vater beispielsweise lebt noch und sitzt im Knast, taucht aber im späteren Verlauf der Handlung wieder auf. Auch William hofft, dass ihn eines Tages ein Verwandter aus dem Waisenhaus abholen würde. Er glaubt fest daran, dass die auf dem Plakat gezeigte chinesische Darstellerin Willow seine Mutter ist.

Eigentlich werden in „Die chinesische Sängerin“ zwei Geschichten erzählt. Zum Einen Williams Geschichte in Seattle 1934, geprägt vom Leben im Waisenhaus und seiner Suche nach Identität und Geborgenheit. Er möchte einfach wissen, warum seine Mutter ihn nicht mehr aufziehen konnte und abgegeben hat. Zum Anderen die Geschichte von Liu Song, seiner Mutter, die in den Jahren nach 1921 stattfindet. Als Sängerin und Schauspielerin hat sie kein leichtes Leben. Auch ihre Eltern gingen schon diesem Beruf nach, wodurch sie die Ausgrenzung schon kennt. Schauspieler und Sänger standen in etwa auf einer Stufe mit Prostituierten und waren wenig angesehen. Als Chinese hatte man außerdem doppelt so schwer zu kämpfen, selbst wenn man eigentlich bereits in der zweiten Generation in Amerika lebte. Jamie Ford gelingt es gut, diese Themen aufzugreifen und flüssig in das Romangeschehen einfließen zu lassen.

„Die chinesische Sängerin“ ist alles in allem ein angenehm zu lesender Roman ohne Längen oder Klischees. Nicht überragend, aber einen Blick wert!

Jamie Ford: Die chinesische Sängerin.
Bloomsbury Berlin, März 2014.
576 Seiten, Gebundene Ausgabe, 19,99 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Janine Gimbel.

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