Julia Kröhn: Das Modehaus: Töchter der Freiheit

Julia Kröhn erzählt die Geschichten der Frauen des „Modehaus König“ vom Beginn des letzten Jahrhunderts bis in die 70er Jahre hinein. Dabei bedient sie sich einer interessanten Erzähltechnik. Die Geschichte wird eingerahmt von einem Brief der Urenkelin, die etwa in unserer Zeit lebt, dann werden abwechselnd die Erzählstränge von Mutter, Tochter und Enkelin bedient. Dadurch weiß man schon sehr früh, dass das Modehaus die diversen Kriege letztlich doch überlebt hat, es nimmt dem Buch aber nicht die Spannung, weil Julia Kröhn sehr geschickt mit der Frage nach dem „wie“ und „wer“ arbeitet.

Der Titel allerdings es eher irreführend. Es geht gar nicht so sehr um das Modehaus und wirklich nur am Rande um die Schwierigkeiten und Lösungen, als kleines Modehaus erst mit den neuen Moden und dann mit dem Versandhandel und den großen Kaufhäusern konkurrieren zu müssen. Es geht um drei Frauen in verschiedenen Epochen, die jede ihre eigene Herausforderung zu meistern hat. Fanny zu Beginn des Jahrhunderts muss sich durchsetzen, weil sie moderne Mode für moderne Frauen entwerfen möchte. Sie ist es, die den Erben des Modehauses heiratet, damit aber auch nicht glücklich wird. Es zieht sie zu den großen Modezentren ihrer Zeit, nach Paris und Mailand, aber da muss man schon ganz besonders durchsetzungsfähig sein, wenn man nicht untergehen will – und vermutlich auch ein gutes Stück Glück haben. Ihre Tochter Lisbeth dagegen geht es weniger um das Aussehen der Mode, sondern eher darum, überhaupt etwas zum Nähen zu haben. In den ersten Jahren nach 1945 wird sie extrem erfinderisch, was die Rohmaterialien angeht. Die Enkelin Rieke bekommt es mit den ersten Emanzipationsbestrebungen zu tun. Zu ihrer Zeit ist es noch Gang und Gäbe, dass der Ehemann den Arbeitsvertrag der Frau einfach kündigt. Und ihr eigener Mann ist auch nicht glücklich damit, dass sie das Modehaus ihrer Familie plötzlich ernsthaft leiten möchte.

„Das Modehaus“ ist ein schöner Sommerroman, mit Katastrophen, die die Stimmung nicht allzu sehr verderben. Gut geschrieben, auch wenn man sich an die Zeitebenenwechsel erst gewöhnen muss. Es geht viel um Politik, was bei der Autorin wenig verwundert, von Hause aus ist sie nämlich Historikerin.

Julia Kröhn: Das Modehaus: Töchter der Freiheit.
Blanvalet, Februar 2019.
528 Seiten, Taschenbuch, 10,99 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Regina Lindemann.

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