Joe Landsdale: Hap und Leonard: Die Storys

Joe Lansdales Geschichten um Hap & Leonard sind etwas ganz Besonderes. Dies zeigt auch die mustergültige Verfilmung fürs TV, die Sundance trotz bester Quoten allerdings nach der dritten Staffeln just abgesetzt hat. Vielleicht liegt die in den Romanen deutlich mitschwingende Gesellschaftskritik zu nah an der Realität, will man die gegenwärtige Regierung nicht verärgern? Auf jeden Fall, ein Schelm wer Böses dabei denkt.

Sie kennen unsere Beiden noch nicht, oder fragen sich, was zwei fiktive Figuren so besonders macht? Nun, beginnen wir mit Leonard. Er ist ein Held – war für sein Land in Vietnam und wurde mit dem Purple Heart für seine Tapferkeit ausgezeichnet. Er ist Republikaner. Nun, das trifft auf Viele, insbesondere in Texas zu, doch muss man wissen, dass Leonard Afro-Amerikaner – von seinen Mitmenschen auch gelegentlich als Nigger verunglimpft – ist. Und er liebt Country-Music.

Fassen wir das Wichtige noch einmal zusammen – Vietnam-Veteran, Stock-Konservativ, Country-Fan und dunkelhäutig. Habe ich etwas vergessen? Nein, eigentlich nicht. Na gut, Leonard ist schwul, aber das ist in Texas nicht weiter wichtig – oder doch? Sein Bruder – nicht leiblich, sondern im Geiste – ist Hap. Weiss, Alt-Hippie, Kriegsdienstverweigerer, der für seine Überzeugung sogar einsaß, abgebrochenes Studium, liberal, Anhänger der Demokraten und hetero. Dass beide mit ihren Partnern nicht unbedingt Glück haben – dafür sterben diese zu oft – ist eine Tatsache, dass sie Ungerechtigkeit nicht ausstehen können und unter Einsatz ihres Lebens den Unterdrückten und Benachteiligten zu Hilfe kommen ebenso.

Wir begleiten unser Duo in den 80er Jahren in ihrer Texanischen Heimat bei ihrem Versuch, sich durchs Leben zu lavieren. Was aber ist, mal abgesehen von der doch etwas ungewöhnlichen Zusammenstellung des Helden-Duos, das Besondere an den Romanen? Nun, da ist zunächst einmal die immer unterschwellig mitschwingende Gesellschaftskritik. Da wird der um sich greifende Rassismus ebenso angesprochen wie die auseinander klaffende Schere zwischen arm und reich, kommen Alleinerziehende ebenso vor, wie Alte, gestresste weil überforderte Bullen oder die Perspektivlosigkeit der Jugend die direkt zu Drogen und Kriminalität führt.

Dies alles wird sehr geschickt in ein packendes Korsett integriert. Ein Korsett, das, wie in den in diesem Band enthaltenen Kurzgeschichten, uns immer wieder den Kampf der Underdogs für ein wenig mehr Gerechtigkeit im näheren Umfeld der Protagonisten präsentiert. Hier mischen sich der gerechte Kampf unserer wackeren, und dennoch glaubwürdigen Helden – auch wenn sie selbst diese Bezeichnung weit weit von sich weisen würden – mit packender Action. Die wunderbar lakonischen Dialoge der Beiden machen das Ganze dann zum Genuss.

Wenn sie also zu denen gehören, die dieses Duo noch nie im Einsatz begleitet hat, dann bietet vorliegender Band mit den gesammelten Kurzgeschichten genau den willkommenen Einstieg. In den Erzählungen treffen sie auf genau das, was die Romane so stark macht – den besonderen Flair der Freundschaft der Beiden, ihr bedingungsloser Einsatz, die unterschwellige Kritik und jeder Menge wirklich fieser Gegner, denen unsere Beiden unter großen persönlichen Opfern zeigt, was eine Harke ist.

Wer mehr von Hap und Leonard lesen möchte, dem darf ich nachfolgend kurz die deutschen Romane in chronologischer Reihenfolge auflisten:

  1. Wilde Winter (Shayol / Golkonda)
  2. Texas Blues / Mucho Mojo (Rowohlt / Goldkonda)
  3. Mambo mit zwei Bären (Rowohlt) / Bärenblues (Goldkonda)
  4. Schlechtes Chilli (Dumont)
  5. Rumble Tumble (Shayol)
  6. Machos und Macheten (Golkonda)
  7. Das Dixie-Desaster (Golkonda)
  8. Roter Drache (Golkonda)
  9. Krasse Killer (Golkonda)
  10. Hap & Leonard – Die Storys (Golkonda)
  11. Bissige Biester (Golkonda Herbst 2018)
  12. Blood and Lemonade (Golkonda Frühjahr 2019)
  13. Jackrabbit Smile (Golkonda Herbst 2019)

Joe Landsdale: Hap & Leonard – Die Storys.
Golkonda Verlag, Juni 2018.
280 Seiten, Taschenbuch, 16,90 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.

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