Nun hat er sich selbst geoutet: Jean-Luc Bannalec ist Jörg Bong. Die Gerüchteküche um die wahre Identität des Autors hat ein Ende. Zweifellos zu Gunsten der realen bretonischen Küche, die den Autor von Anfang an inspirierte, seinen Protagonisten, Kommissar Dupin, als Gourmet zu entwickeln. Diesen roten Faden der Krimireihe hat der Autor nun weiterentwickelt und einem neuen Höhepunkt zugeführt.
Dupin muss seine Südbretagne verlassen. Freiwillig hätte er dies nicht getan. Aber ein Polizeiseminar in Saint Malo zwingt ihn dazu. Natürlich ist Dupin nicht begeistert, zumal er von seiner Assistentin Nolwenn gewarnt wird. Die Menschen dort seien sehr speziell. Dupin bleibt sich selbst treu und erkundet die kulinarischen Köstlichkeiten in einer Markthalle der Stadt. Bannalec-Leser wissen, dass das Seminar, bei dem es um die bessere Zusammenarbeit zwischen den bretonischen Départements geht, von dem Kommissar so weit wie möglich ignoriert wird.
Doch der nächste Mord lässt nicht lange auf sich warten. In besagter Markthalle platzt er Mitten in eine Käseverkostung Dupins hinein. Quasi vor den Augen des Kommissars wird eine bekannte Küchenchefin umgebracht. Die Täterin wird erkannt und schnell gefasst. Sie ist die Schwester des Opfers und ebenfalls eine bekannte Größe der Kulinarischen Szene Saint Malos. Dupin wird auf eine harte Geduldsprobe gestellt. Der Ermittler, der bisher sein Einzelgängerdasein lediglich mit seinem kleinen Team teilen musste, wird nun Teil eine dreiköpfigen Ermittlergruppe, die engmaschig mehreren Präfekten berichten muss.
Tröstlich ist, dass Dupin in einer Szene ermitteln darf, die ihm immer wieder neue kulinarische Genüsse ermöglicht. Aus dem Mord in der Markthalle wird eine Mordserie, die die Kommissare unter Erfolgsdruck setzt. Bei ihren Ermittlungen stoßen sie dabei auf eine spannende und auch tragische Familiengeschichte, die den Lesenden bis zur letzten Seite in ihren Bann zieht. Dabei gelingt es dem Autor immer wieder die Fäden von Kulinarik und Kriminalistik eng miteinander zu verweben. Aber auch vertraute Dinge, wie der Kaffeekonsum des Kommissars begegnen dem treuen Krimireihenleser wieder. Interessant sind auch die lokalen Geschichten von Korsaren und Rumhandel, die Bannalec fast beiläufig der Leserschaft nahebringt.
Der Plot liest sich gewohnt angenehm. Die Liebe zur Bretagne bringt der Autor wieder eindrucksvoll zur Entfaltung. Die Handlung ist unterhaltsam und nur durch begleitenden Kaffeegenuss oder ein Glas Muscadet zu steigern. Ungewohnt emotional kommt am Ende das Wiedersehen mit seinem heimischen Team rüber.
Ich halte es übrigens für eine Stärke des Autors seine Charaktere menschlich stark zu entwickeln, so das Opfer, Täter und Ermittler authentisch handeln können.
Noch während ich diese Eindrücke schreibe, verspüre ich den Wunsch in mir aufkommen, in die Bretagne zu reisen, um mich ihrer Sinnlichkeit in jeder Beziehung persönlich stellen zu können. Auf jeden Fall würde ich dem Umweg über Saint Malo und Dinard in Kauf nehmen. Und ich stelle noch etwas fest: Die Superlativen des Autors scheinen auch bei mir ihre Wirkung zu zeigen. Darum meine volle Leseempfehlung!
Jean-Luc Bannalec: Bretonische Spezialitäten.
Kiepenheuer&Witsch, Juni 2020.
352 Seiten, Taschenbuch, 16,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Martin Simon.