James Corey: Leviathan fällt

Die Crew der Rosinante hat schon einiges überstanden. Es begann damit, dass Kapitän Holder und seine Mannschaft den sich anbahnenden Krieg zwischen Gürtlern, dem Mars und der Erde zu verhindern suchten, dann stieß die Menschheit auf das Protomolekül. Seitdem ist nichts mehr, wie es vorher war.

Das Protomolekül eröffnete mit einem Schlag, nun nennen wir es beim Namen, mit dem Torsystem der vor Äonen verschollenen Schöpfer, den Weg in die Galaxis. Plötzlich war sie da, die Chance auf ein neues Glück. Fremde Sonnensysteme, paradiesische Planeten, Bodenschätze zuhauf – allen Versuchen, das Torsystem unter Kontrolle, die Expansion geregelt ablaufen zu lassen, war kein Glück beschieden. Hochkonsul Duarte gründete auf Laconia sein Laconisches Reich. Mit Hilfe der technischen Errungenschaften der Torbauer hat er sich zum körperlich unsterblichen Diktator über die Menschheit aufgeschwungen, selbst die Erde musste vor seiner militärisch-technischen Überlegenheit im wahrsten Sinne des Wortes die Waffen strecken.

James Holden floh später, begleitet von Duartes Tochter von Larconia. Dass der Diktator zeitweilig als geistig umnachtetes Wesen vor sich hinvegetierte, wusste kaum jemand. Dann plötzlich und unerwartet wacht Duarte wieder auf. Mehr noch, Dank des Protmoleküls verfügt er über gottgleiche Kräfte. Er sucht seine Tochter, seine Untergebenen wiederum sind geradezu verzweifelt auf der Suche nach ihm. Damit nicht genug wird immer deutlicher, dass der alte Widersacher der Torbauer, sich nach Äonen wieder regt. Die Macht, die ganze Galaxien von jeglichem Leben entblößt hat, die es versteht, universelle Naturgesetze außer Kraft zu setzen ist der Menschheit auf der Spur …

Vorhang auf zum letzten Band der Expanse Reihe. Die beiden Autoren, haben den Fokus ihrer Handlung, verglichen mit den Anfangstiteln, deutlich immer weiter gefasst. Nicht länger dient das heimatliche Sonnensystem als Bühne, die Galaxis wird zum Schauplatz der Forschungen, Intrigen und Kämpfe.

Dies hat naturgemäß zur Folge, dass sich viele verschiedene Sichtweisen aufdrängen. Die beiden Autoren, die zusammen unter dem Pseudonym Corey die Saga verfassen, haben sich dafür entschieden, ihre Crew auseinanderzureißen. Zu den bekannten, und bestens mit Hintergrund versehenen Figuren gesellen sich peu a peu weitere Erzähler – Wissenschaftler, oder die Tochter des Diktators etwa, so dass wir ein immer breiteres Bild von den Geschehnissen und ihren Wechselwirkungen erhalten. Dafür mussten einige lieb gewonnene Figuren abtreten. Und, ohne zu viel verraten zu wollen, auch im Finale des Zyklus´ müssen wir wieder von einigen Handlungsträgern Abschied nehmen. Ergo kein Friede-Freude-Eierkuchen-Ende, sondern, ganz, wie es zu der Serie passt, ein in sich schlüssiges Finale, das realistisch wirkt.

Dabei ist es kein wirklich triumphales Ende des Zyklusses geworden. Die hätte wohl auch nicht zu dem Bild gepasst, das uns die beiden Verfasser über die gesamten neun Romane hinweg von der Zukunft vermittelten. Immer wieder zeichneten sie das Bild von einer Menschheit, die wie gewohnt durch Egoismen gebeutelt wird, in der zum jeweils eigenen Vorteil gelogen, intrigiert und manipuliert wird. Der Serienkosmos ist nach wie vor erschreckend aktuell und wirkt in eben diesen Aspekten beängstigend real.

Es gibt Antworten auf die meisten der Fragen, es gibt – wieder – Heldentaten zu feiern, Verluste zu beweinen und Opfer zu ehren – alles Dinge, die den Leser respektive die Leserin berühren und an die Seiten ziehen. Gerade dieser der phantastischen Handlung innewohnende Pseudo-Realismus macht die Reihe derartig interessant, hat, zusammen natürlich mit der mustergültigen Umsetzung fürs TV, dafür gesorgt, dass The Expanse zurecht Kultstatus besitzt.

Insoweit ist vorliegender letzter Roman ein würdiger Abschluss, dem der Verlag in ein paar Monaten noch einen Sammelband mit Kurzgeschichten aus der Welt von Expanse wird folgen lassen.

James Corey: Leviathan fällt.
Aus dem Englischen übersetzt von Jürgen Langowski.
Heyne, Mai 2022.
624 Seiten, Taschenbuch, 14,99 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.

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