Wir schreiben das Jahr 1905. Die Freundinnen Lulu, Elsa und Fanny haben es nach langen Mühen und viel Geduld und Ausdauer endlich geschafft, ganz offiziell an der Universität in München Medizin studieren zu können. Doch die männlichen Studienkollegen wie auch viele der Professoren machen es ihnen nicht leicht. Als Frauen werden sie einfach nicht ernst genommen. Man zweifelt daran, dass sie die gleichen kognitiven Fähigkeiten und Kompetenzen haben wie ihre männlichen Kollegen. Besonders Fanny, die ja bereits unter dem Namen ihres Bruders Anton ein komplettes Studium absolviert hat, leidet unter der demütigenden Situation. Dass ihr das alles sehr leicht zu fallen scheint und sie einfach immer die passenden Antworten hat, macht die Kommilitonen wie Dozenten misstrauisch. Aufgrund ihrer finanziellen Situation sieht Fanny sich gezwungen, nebenher als Assistentin einer der wenigen Münchner Ärztinnen zu arbeiten und den harten und entbehrungsreichen Alltag einer niedergelassenen Ärztin kennenzulernen. Das hält sie aber nicht davon ab, ihren Traum weiterzuverfolgen. Lulu und Elsa, beide aus „besserem Hause“ haben so ihre eigenen Probleme, unter anderem mit der gemeinsamen Freundin Änny, die droht in Schwermut zu versinken und der sie gerne helfen möchten.
„Goldene Wege“ ist der dritte und letzte Band um die jungen Frauen, die sich zum Ziel gesetzt haben, eines Tages als Ärztin arbeiten zu können. Sehr anschaulich beschreibt die Trilogie die Probleme, die Frauen zu Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts (und weit länger) zu bewältigen hatten, wenn sie eigene Ziele verfolgen wollten und sich nicht mit dem damals Üblichen zufriedengeben wollten. Gleichberechtigung war sozusagen noch nicht erfunden, und Frauen durften überhaupt nur mit der Erlaubnis ihres Ehemannes oder Vaters eine Ausbildung machen. Fanny und Lulu, wie auch ihre gemeinsame Freundin Ida, die aber kein Interesse an der Medizin hatte, durften zunächst nicht einmal Abitur machen. Einzig Elsa, die nicht aus München stammte, hatte das Abitur in der Tasche, weil es Mädchen in ihrer Heimat erlaubt war. Als dann auch in Bayern eine Regelung für junge Mädchen, die das Abitur machen wollten, gefunden war, haben Fanny und Lulu die Strapazen auf sich genommen, immer in der Hoffnung später auch ein Studium anschließen zu können. All das wird in den drei Bänden zum Thema. Die Charaktere der jungen Frauen, ihrer Familien und Freunde werden sehr gut und lebendig beschrieben, man ist dabei. Dank der unterschiedlichen Vitae der Protagonistinnen bekommt man einen recht guten Einblick in die verschiedenen Schichten der Bevölkerung und die jeweils unterschiedlichen Probleme.
Eine sehr gute historische Betrachtung, fesselnd geschrieben, interessant zu lesen und eindrücklich. So lange ist das noch gar nicht her, dass Frauen – zumindest auf dem Papier – die gleichen Wege offenstehen wie Männern.
Ina Bach: Goldene Wege: Die Münchner Ärztinnen
Goldmann, März 2025
605 Seiten, Paperback, 17,00 Euro
Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Ertz.