Ort der Handlung: das britische Emire zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Baronet Robin Blyth, ein junger Adeliger aus verarmten Familienverhältnissen, hat vor kurzem seine Eltern verloren, seine jüngere Schwester will, höchst skandalös, nach Oxford oder Cambridge, statt sich um einen angemessenen Ehemann zu bemühen.
Da kommt es geschickt, dass der junge Adelige, der im Innenministerium von Abteilung zu Abteilung geschoben wurde, einen neuen Posten zugewiesen bekommt. Eine Stelle, die nicht einfach nur vakant ist, ein Posten, den es zumindest offiziell gar nicht gibt, auch wenn er dem Innenminister höchstselbst berichten muss!
Sein Vorgänger ist spurlos verschwunden, er selbst soll als Verbindungsmann zu den Magiern des Reiches fungieren.
Magie, das darf doch nicht sein, wer hat denn schon einmal von so etwas gehört? Bis Robin gleich an seinem ersten Tag mittels eines Runenfluchs verzaubert wird – scheinbar hat sein Vorgänger einen Vertrag versteckt – er soll ihn finden und ausliefern. Was schwerfällt, da ein solcher Vertrag weder bekannt noch auffindbar ist.
Zusammen mit dem ihm zunächst hochnäsig vorkommenden Vertreter der Magiervereinigung versucht er den Geschehnissen auf den Grund zu kommen. Gemeinsam reisen die Beiden auf den Familiensitz des Magiers, um in der dortigen Bibliothek nach Hinweisen zu suchen, wie der Fluch zu brechen sein könnte. Dabei stoßen sie dann nicht nur auf jede Menge Geheimnisse, Abgründe und Gewalt, sondern auch auf Hinweise auf eine Verschwörung und sie finden Gefallen am jeweils Anderen …
Freya Marske legt mit ihrem Erstlingswerk eine queere Mischung aus Romance-, Detektiv- und Magieelementen in einem victorianischen England vor. Dabei lehnt sie sich naturgemäß an bekannte Vorbilder (Jonathan Strange und Mr Norrell) an, geht dann aber eigene Wege und setzt gänzlich andere Schwerpunkte. Die Darstellung der langsam erblühenden Zuneigung der beiden Männer zueinander bestimmt den Plot. Es ist nicht wirklich eine „Enemies to Lover“ Geschichte, denn zu Beginn sind sich unsere beiden Hauptfiguren zwar nicht eben grün, kennen sich aber einfach zu wenig, um echte „Feinde“ im Sinne der Bezeichnung zu sein.
Die Darstellung der romantischen Hinwendung der Beiden ist sehr einfühlsam beschrieben, die Bettszenen dagegen eher deutlich. Überrascht war ich von der Offenheit, mit der die Figuren zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit ihrer gleich-geschlechtlichen Hingabe umgingen – ganz stimmig zu der realen historischen Restriktion, die derartige Beziehungen mit Gefängnis ahndeten, ist dies nicht. Ein wenig zu kurz kam mir die Darstellung der Magiervereinigung, respektive der Parallelgesellschaft der Magiekundigen im Empire. Hier hätte ich gerne mehr erfahren, vielleicht liefert die Autorin im nächsten Band nach?
Zu erwähnen einige übersetzerische Unsauberkeiten, über die man aber hinweglesen kann.
Insgesamt ein Band, der Fantasy mit einer homo-erotischen Beziehung verknüpft, dabei auch einen Kriminalplot integriert und mir von all diesem zu viel, respektive von einer der drei Elemente zu wenig bot.
Freya Marske: Marvellous Light – Der magische Fluch – The Last Binding Band 1
aus dem australischen Englisch übersetzt von Hannah Brosch
Piper Verlag, Mai 2024
526 Seiten, Taschenbuch, 18,00
Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.