Matilde, die lieber Tilda genannt wird, fürchtet sich vor ihrem bevorstehenden sechzigsten Geburtstag. Daher sieht sie derzeit ihr gesamtes Leben rabenschwarz. Hinzu kommt, dass sie von ihrem Freund verlassen wird und einen lukrativen Auftraggeber ihres Schreibbüros verliert. Tilda hat weder Mann noch Kinder oder Haustier und offensichtlich auch keinerlei andere Verwandtschaft. Dafür aber zwei herzensgute Freundinnen, mit denen sie sich regelmäßig zum gemeinsamen Kochen trifft.
Tilda, wie gesagt knapp Sechzig, ist seit fast vierzig Jahren Witwe, hat immer noch ihr Hochzeitsfoto an der Wand hängen und redet mit ihrem nach nur dreijähriger Ehe verstorbenen Mann, der ihr in Kölscher Mundart Ratschläge erteilt.
Wegen des Verlusts der einträglichen Aufträge muss sie sich eine neue Einnahmequelle suchen. Sie findet eine Stelle bei einer rüstigen alten Dame, die ihr Leben aufräumen will nach der schwedischen Döstädning-Methode. Das heißt, sich von Ballast trennen, Unerledigtes erledigen, alte Streitigkeiten beilegen und so weiter.
Das Buch soll vermutlich ein Mut-Macher sein für alle, die sich mit dem Älterwerden schwertun. Mich hat dieses Buch stattdessen leider eher hinuntergezogen. Die handelnden Figuren sind so unrealistisch, so stereotyp und so schwarz-weiß gemalt, dass es schmerzt. Die Dialoge sind völlig unglaubhaft, der Schreibstil voller Plattitüden und Phrasen, dazu verliert sich die Handlung oft in Nebensächlichkeiten. Es fehlt ein Spannungsbogen, die Protagonistin ist langweilig und eindimensional und schon allein dadurch als Mutmacherin ungeeignet. Vor allem die Szenen, in denen sie ihrem Ehemann nachtrauert, ihn neben sich spürt und mit ihm spricht, sind in meinen Augen reichlich absurd. Einzig die alte Dame, Ruth, ist sympathisch gezeichnet, allerdings ihre Lebensgeschichte mit den vielen familiären Zwistigkeiten ziemlich überfrachtet.
Dagmar Hansen: Alle Tage, die wir leben.
rororo, November 2019.
320 Seiten, Taschenbuch, 10,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Renate Müller.