Weil ihm Schwester Innocentia eine derart leckere Kombination aus Dresdener Christstollen und Panettone kredenzt, dass er viel zu viel davon isst, schläft der Papst in der Heiligen Nacht sehr schlecht und wird heimgesucht vom … Teufel. Der rechnet ihm behände vor, dass die Kirche nicht rentabel ist und empfiehlt ihm umfassende Umgestaltungen. Der Höllenfürst meint, man müsse fusionieren, umstrukturieren, kooperieren und überhaupt von Grund auf modernisieren. Reformieren sagt er bewusst nicht.
Weil alle Politiker, Wirtschaftsbosse und Werbetexter Lügner seien, habe er in der Hölle das akkurat passende Personal für die dringend notwendigen Erneuerungen. Es gehe ja schon mit dem Namen los. Heilige katholische Kirche. Unmöglich. Der Teufel würde den Konzern in „Wirklich Nützliche Gesellschaft“ umbenennen. Das klinge schon viel zeitgemäßer. In seinem fliegenden Ferrari nimmt er den Papst mit auf eine rasante Reise, durch die er ihm die Umgestaltungen schmackhaft machen möchte. Der Heilige Vater ist etwas überfordert und vor allem zögerlich.
Auch mit dem vollelektronischen Beichtstuhl „Absolvo 2000“, einsetzbar in einer Bahnhofshalle oder einer Shopping-Mall, serienmäßig versehen mit einem stufenlos regelbaren Filter für lässliche Sünden, lässt er sich nicht ködern. Aber der Teufel wäre nicht der Teufel, bekäme er es nicht doch hin, dass der Papst einen Vertrag unterschreibt und dann bricht auf der Welt die Hölle los. Der zweite Text in diesem Buch ist mit dem ersten durch den Teufel verbunden. Der ist zwar aus der himmlischen Vorstandsriege geflogen, hat seine paradiesische Wohnung aber beibehalten und geht im Himmel quasi immer noch ein und aus, wie ein in Ungnade gefallener Kardinal. Mit Gott, dem oft langweilig ist, wettet er laufend um irgendetwas. Weil es auf Erden durch des Teufels Beitrag so zugeht, begibt Gott der Herr sich schließlich zur Besichtigung der Zustände und seiner Werke hinab ins irdische Jammertal. Was ihm dort alles begegnet, versetzt ihn gehörig ins Staunen.
Charles Lewinsky zündet ein Feuerwerk an witzigen Ideen und spritzigen Dialogen. Sprachlich auf den Punkt gebracht, geleitet er den Leser von einer vergnüglichen Szene in die nächste. So fährt der Teufel zum Beispiel am Petersplatz vor. „Mit satanischer Rücksichtlosigkeit stellte er den Wagen direkt neben dem Haupteingang auf dem Parkplatz ab, der eigentlich für den Kardinal-Staatssekretär reserviert war. Ein echter Teufel schreckt vor keinem Sakrileg zurück.“ (S. 9)
Fazit: Ein absolutes Lesevergnügen!
Charles Lewinsky: Der Teufel in der Weihnachtsnacht und der liebe Gott beim Ortstermin.
Diogenes, September 2023.
83 Seiten, Paperback, 12,40€.
Diese Rezension wurde verfasst von Karina Luger.