Die deutsche Schriftstellerin und Übersetzerin Antje Rávik Strubel (Jahrgang 1974) erhielt 2021 für ihren Roman „Blaue Frau“ den Deutschen Buchpreis. Darin erzählt sie eine MeToo-Geschichte.
Am 12. März 2025 ist ihr neuer Roman „Der Einfluss der Fasane“ im S. Fischer Verlag erschienen. Auch in diesem Roman geht es um männlichen Machtmissbrauch und (psychische) Gewalt. Allerdings erzählt Strubel hier auf eine eher leichte und knappe Art.
Ehemaliger Berliner Theaterchef begeht in Sydney Selbstmord
Kai Hochwerth, Ex-Intendant eines großen Berliner Theaters, hat sich vor der Kulisse der Oper in Sydney das Leben genommen. Er begleitete seine Frau, eine berühmte Opernsängerin, die dort einen Auftritt hatte. Die Medienwelt hat einen Aufreißer. Und mittendrin die Feuilleton-Chefin einer renommierten Berliner Tageszeitung, Hella Renata Karl. Sie hatte Kai Hochwerths Karriere durch einen Artikel über eine Schauspielerin, die von Hochwerth zur Abtreibung ihres gemeinsamen Kindes gezwungen wurde, abrupt beendet. Nun schießen die Spekulationen darüber ins Kraut, ob sie Schuld an Hochwerths Suizid trägt. Hella Renata Karl stammt aus „kleinen Verhältnissen“ und hat sich empor gekämpft. Sie fühlt sich der Situation gewachsen. Als Leiterin des Feuilletons genießt sie einen guten Ruf in der Branche. Sie hat einen attraktiven Lebensgefährten, den Architekten T, und ein schönes, altes Haus in Potsdam.
Ist die Feuilleton-Chefin Hella Karl mitschuldig?
Doch dann misslingt ihr ein Radiointerview zum Tod von Kai Hochwerth. Sie wird suspendiert. Und muss sich der Frage stellen: Was ist an den Vorwürfen gegen sie dran? Auf der Suche nach einer Antwort auf diese Frage während eines immensen medialen Getöses geraten ihr berufliches und persönliches Selbstverständnis, aber auch ihr Privatleben ins Wanken.
Antje Rávik Strubel schilt Kultur- und Medienbranche, aber nur ein bisschen
Antje Rávik Strubel schreibt gewohnt sprachgewandt und stilsicher. Sie wählt eine Hauptfigur, die den „Zauber der Worte“ schätzt, aber auch um ihren „Fluch“ weiß. Die Figur Hella Renata Karl in „Der Einfluss der Fasane“ ist keine überzeugte Feministin. Strubel lässt sie über sich selbst sagen, „dass sie der festen Überzeugung war, Männern im Grunde näherzustehen“. Hella Karl mag mächtige Männer und hat sich auch mit Hochwerth zunächst gut verstanden. Antje Rávik Strubel belässt es bei der Ambivalenz ihrer Protagonistin. Dazu kommen eher grobe Skizzierungen der männlichen Figuren und der Kultur- und Medienbranche. Und dann sind da noch die Fasane in der Geschichte:
„Es waren Hennen, wie sie am schmucklosen, rotbraunen Gefieder zu erkennen glaubte … Im blassen Licht der Kälte wirkten sie dünn und ausgezehrt.“ (S. 168) Wohingegen „ein Männchen, ein schönes Tier. Die sandfarbenen Schwanzfedern aufgestellt, die Armschwingen prachtvoll aufgefächert“ mitten auf der Fahrbahn stand.(S.237)
Als Satire auf den Machtmissbrauch alter weißer Männer im Kulturbetrieb und auf die unrühmliche Rolle der Medien ist „Der Einfluss der Fasane“ nicht pointiert scharf genug, als tragische Geschichte über Rufmord und Suizid nicht ernst genug.
So ist mir als Leserin Antje Rávik Strubels Versuch, die schweren Themen Machtmissbrauch und Medienkritik leichtgängiger zu beschreiben (und warum eigentlich nach einem so guten Roman wie „Blaue Frau“?), zu harmlos geraten, der „Einfluss der Fasane“ zu übermächtig.
Antje Rávik Strubel: Der Einfluss der Fasane.
S. Fischer Verlag, 12. März 2025.
240 Seiten, gebundene Ausgabe, 24,- Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Sürder.